Es soll gar nicht negativ klingen: Das Beethoven-Kommando hat wieder zugeschlagen! Berserkerhaft schmeißen uns Irnberger und Korstick das Presto der vierten Sonate an die Ohren. Energiegeladen, impulsiv, scharf kontrastiert, heftig akzentuiert. Das folgende Andante scherzoso wird wirklich zum kleinen Scherz, anfangs sogar mit beißender Ironie. Das Allegro molto vermittelt viel innere Unruhe und drängende ungezügelte Leidenschaft. Vor allem Thomas Albertus Irnberger spielt hier ständig auf Risiko und produziert Klänge, die manchmal so rau sind, dass sie fast die Ohrläppchen des Zuhörers zerfetzen.
Trotzig und mit ungebremster Energie streben die 12 Variationen ‘Se vuol ballare’ der Frühlingssonate entgegen, deren erster Satz aus anfänglich süßem Charme in ein gestenreiches Dahineilen wechselt. Das Mädchen anschauen, verzückt, seine Hand nehmen und loslaufen, stehenbleiben, erneutes Anschauen, erneutes Verzücktsein, und so wird das gesteigert und nochmals gesteigert. Stehenbleiben und wieder ansehen, die Stimmung wird ätherisch im Adagio, sehr empfindsam, sehr kantabel, aber ohne jede Rührseligkeit. Und dann geht’s, hopsasa, mit übermütigen Luftsprüngen dem tänzerisch beschwingten Finalsatz entgegen.
Den Musikfreund muss man also vielleicht warnen vor einer so außergewöhnlichen Interpretation. Manch einer wird ‘seinen’ Beethoven nicht wieder erkennen, und er wird ihn so nicht hören wollen. Ihn verweise ich an Renaud Capuçon und Frank Braley, die für Virgin Classics eine schöne, edle Fassung der Sonaten aufgenommen haben. Doch jeder, der etwas erleben will, dem sei die neuen Gramola-Produktion ohne Zögern empfohlen.
For anyone looking for new experiences in Beethoven’s violin sonatas, this new production is really godsent.