George Antheil ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Im Paris der 1920er Jahre wartete man jedoch begierig auf den nächsten Skandal, denn seine Konzerte endeten nicht selten mit Tumulten. Nach eigener Schilderung beruhigte ihn die Vorstellung, sich notfalls mit der mitgeführten Pistole den Fluchtweg freischießen zu können. Antheil war eine schillernde Persönlichkeit, ein Bild, das er mit Veröffentlichung seinen Memoiren noch unterstütze.
Antheil führte zwei Leben. Denn er komponierte die Musik für Dutzende von Filmen und wollte auch als arrivierter Komponist anerkannt sein.
Außerdem kann sein Leben in zwei Phasen geteilt werden, die vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. In den 1920er Jahren war er ein Vertreter der Avant-Garde. Er lebte damals meist in Europa und schockierte das Publikum mit provokanten Kompositionen und seinem wilden perkussiven Klavierspiel. Eine tiefe persönliche und ästhetische Krise führte allerdings zu einer dramatischen Kehrtwendung. Fortan gab er sich als neuromantischer und angepasster amerikanischer Komponist.
Die vier Sonaten für Violine und Klavier stehen beispielhaft für die zwei Schaffensperioden und verdeutlichen die musikalische Entwicklung, die er durchlief.
Über die perkussive erste Sonate, die dadaistisch-kubistische zweite bis zur eher neoklassischen dritten Sonate reicht die frühe Entwicklung. 25 Jahre später komponierte er die sogenannte Second Violin Sonata, die eigentlich seine Vierte ist. Diese Komposition ist deutlich klassischer strukturiert. Während die drei frühen Sonaten vor allem den Einfluss der frühen Werke Strawinskys zeigen, steht die Vierte eher im Zeichen von Prokofiev und Shostakovich.
Der Geiger Alessandro Fagiuoli und die Pianistin Alessia Toffanin haben sich beide insbesondere der Pflege der modernen Musik verschrieben. Gemeinsam erobern sie nunmehr diese vier Sonaten. Mit makelloser Beherrschung auch der nicht alltäglichen technischen Anforderungen zeigen sie die unterschiedlichen Stile der Werke mühelos auf, vor allem die abweichende Gestaltung der vierten Sonate wird so im direkten Vergleich deutlich. Etwa die ostinato Passagen in der ersten oder der mechanische Charakter in der einsätzigen zweiten Sonate zeigt in gekonnter Umsetzung die Pianistin, während der Geiger seine unregelmäßigen Einwürfe beisteuert. Den beiden Interpreten gelingt es durchgehend bis hin zur vierten Sonate, den bei Antheil immer auch durchschimmernden Humor mitzugestalten.