Was macht ein Bratscher auf einem Baum? Er liest vom Blatt. Dieser Witz ist einer der wenigen charmanten aus der Fülle an Bratschenwitzen, die dieses Instrument und seine Interpreten zu musikalischen Ostfriesen stilisieren. Dass man vielleicht einfach die Besonderheiten liebevoll erhören muss und dann reich belohnt wird, führt Nils Mönkemeyer mit dem romantischen Bruch, dem Freigeist Walton und dem oft esoterisch wahrgenommenen Pärt meisterhaft vor.
Bruch, dem der hochromantische Ausdruck ein und alles war, hat eines seiner beiden bekannten Werke, ‘Kol Nidrei’, für Cello und Orchester verfasst. Doch überzeugt auch die Violaversion von Mönkemeyers eigener Hand ungemein. Dazu gesellt sich vom gleichen Komponisten die Romanze für eben diese Besetzung.
Den Auftakt macht das Bratschenkonzert von William Walton. Wie die meisten Solowerke für die Viola stammt es aus dem zwanzigsten Jahrhundert. Grundlage für die aufkeimende Nachfrage und Kompositionsaufträge waren Solisten wie Lionel Tertis und William Primrose. Walton entgeht mit seinem Personalstil der Kategorisierung, da er weder dem englischen Stil gehorcht, noch einzelne zeitgenössische Komponisten nachahmt, sondern seinen Weg bis hin zu Jazzelementen in diesem Umfeld wählt. Im Bratschenkonzert kombiniert er lyrische und romantische mit populären Klängen seiner Zeit. Mönkemeyer wählte die spätere überarbeitete Version für die Einspielung.
Den Schluss bildet das zigfach arrangierte ‘Fratres’ des Esten Arvo Pärt. Bewegt und gleichzeitig ruhend ist die Komposition. Die Interpretation Mönkemeyers zeigt deutlicher als die meisten anderen, Strukturen und Ansätze, wodurch der bewegte Anteil gegenüber dem zeitlos schwebenden betont wird.
Nils Mönkemeyer ist mindestens einer der herausragenden Musiker der Viola, der dem mittleren Segment zwischen Violine und Cello zu einer eigenen Stimme verhilft und somit den guten Mittelweg hervorhebt. Sein klingendes Plädoyer verzaubert mit vollem Klang, der die Höheneskapaden der Violine und die Tiefensonorität des Cellos vollkommen vergessen lässt.
Mit den Bamberger Symphonikern und dem Dirigenten Markus Poschner gelingt eine mit dem Solisten zusammenfließende Darstellung, die die Farben der Partituren herausstellt, ohne das Soloinstrument einzuengen.