Yehudi Menuhin ist als Wunderkind und als über alle Grenzen hinweg agierender Menschenfreund bekannt. Aber natürlich ist er auch ein prägender Geiger des vergangenen Jahrhunderts. Von zwei Reisen nach Russland, 1945 und 1962, auf denen er den nach dem Krieg nach Musik hungernden und auch später den von den Machthabern malträtierten Menschen seine Kunst darbot, hat Melodiya eine Box mit sechs CDs zusammengestellt, die Kammermusikaufnahmen mit Mitschnitten von Solokonzerten kombiniert.
Neben der unterschiedlichen technischen Qualität der Aufnahmen fällt auch die unterschiedliche musikalische Ausprägung auf. Die vorgestellten Aufnahmen sind zu einem kleinen Teil mit seiner Schwester Hephzibah als Pianistin, zum größten Teil jedoch mit russischen Künstlern entstanden, darunter illustre Namen wie Oborin und Barshai. Es handelt sich um Aufnahmen aus Konzerten, aus denen sich die Begeisterung des Publikums heraushören lässt.
Die Kammermusikwerke sind dabei im Vergleich mit den Orchesterwerken die deutlich interessanteren Aufnahmen. Nur das Beethovenkonzert hinterlässt einen intensiven und noch heute gültigen Eindruck. Die meisten Kammermusik-Mitschnitte sind zutiefst musikalisch und auch mit heutigen Ohren genussvoll zu hören.
Nach neueren Maßstäben nicht mehr ganz aktuell sind die Aufnahmen der Kammermusik von Bach. Es mag sein, dass manche nicht ganz souverän gestaltete Momente der Konzertsituation geschuldet sind. Trotzdem handelt es sich um ein wertvolles Dokument dieser für Menuhin so wichtigen Reisen. Vor dem Hintergrund seiner russisch geprägten Abstammung waren die Reisen in dieses Land für ihn mit besonderen emotionalen Aspekten verbunden. Man kann sich einbilden, diese hier heraushören zu können.