Richard Wagner: Die Walküre; Stuart Skelton (Siegmund), Eric Halfvarson (Hunding), James Rutherford (Wotan), Eva-Maria Westbroek (Sieglinde), Irène Theorin (Brünnhilde), Elisabeth Kulman (Fricka), Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks, Simon Rattle; 4 CDs BR Klassik 900177; Liveaufnahme 02/2019, Veröffentlichung 04/2020 (217') - Rezension von Remy Franck
Nach seiner grandiosen Interpretation des Rheingolds (Pizzicato-Rezension) dirigiert Simon Rattle nun den Ersten Tag der Tetralogie, aber das Resultat ist nicht so eindeutig gut wie beim Rheingold. Das liegt vor allem an einigen Sängern. Der Amerikaner Eric Halfvarson ist in der Rolle des Hunding eine Zumutung. Er hört sich wie ein ausgedienter, alter Krieger an, singt eher wie Hundings Vater, schwerfällig und vibrierend, unfähig eine musikalische Linie zu bilden.
Nicht nur, weil ich vor wenigen Tagen erst Nina Stemme als Brünnhilde gehört habe, ist Irène Theorin in derselben Rolle sehr enttäuschend. Übermäßiges Vibrato, mangelhafte Artikulation und fehlende Textverständlichkeit sind Nachteile, die erheblich ins Gewicht fallen. Die Walküren hinterlassen ebenfalls einen schlechten Eindruck, etliche von ihnen wirken total überfordert und die übrigen kämpfen sich mehr schreiend als singend durch ihre Parts. Freilich macht es ihn Simon Rattle mit seinem heftigen und im Tempo stampfend-dramatischen Dirigieren auch nicht gerade leicht.
James Rutherford liefert ein schwaches, unausgeglichenes Porträt des Göttervaters und kann mit den großen Interpreten dieser Rolle absolut nicht mithalten.
Die sängerisch beste Leistung kommt hier (wie schon bei Pappano) von Stuart Skelton, der mit seiner kräftigen, leuchtenden und wunderbar artikulierenden Tenorstimme jugendlich heldisch, aber auch sehr lyrisch klingt. Ihm zur Seite steht Eva-Maria Westbroek als dramatische, manchmal etwas zu kräftig singende Sieglinde. Elisabeth Kulman ist eine jugendlich starke und selbstbewusste Fricka, die sich Wotan tapfer gegenüberstellt und ihren Argumenten mehr Gewicht gibt als viele andere Sängerinnen in dieser Rolle
Und dann zu Rattle selbst: Er bevorzugt durchwegs dunkle Farben, lässt gerne die Bässe aufrauschen in einem Klangbild, das ansonsten oft kammermusikalisch transparent und sinnlich ist, aber auch manchmal einen Grad an gewaltiger Kraft sucht, die im Kontrast zu den detailreich und sensibel dirigierten intimeren Szenen steht. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks macht beide Lesarten mit und brilliert im Leisen wie im Monumentalen. Leider gibt es auch Leerlauf, und mit der Pappano-Walküre im Ohr (Rezension) komme ich nicht, umhin dieser den Vorzug zu geben.
Die Rattle-Walküre ist keine, auf die ich je Lust haben werde, sie mir noch einmal anzuhören.
After his grandiose interpretation of the Rhinegold (Pizzicato review) Simon Rattle now conducts the First Day of the Tetralogy, but the result is not as clearly good as with the Rheingold. This is mainly due to some singers. The American Eric Halfvarson is a terrible Hunding. He sounds like a disused old warrior, sings more like Hunding’s father, ponderous and vibrating, incapable of forming a musical line.
Not only because I only heard Nina Stemme as Brünnhilde a few days ago, Irène Theorin is very disappointing in the same role. Excessive vibrato, poor articulation and a lack of comprehensibility of the text are significant disadvantages. The Valkyries also leave a bad impression, several of them seem totally overstrained and the others fight their way through their parts more screaming than singing. Of course, Simon Rattle’s heavy and dramatic conducting does not make it easy for them.
James Rutherford delivers a weak, unbalanced portrait of Wotan and he can absolutely not keep up with the great interpreters of this role.
The best vocal performance here (as with Pappano) comes from Stuart Skelton. With his brilliant and wonderfully articulating tenor voice he is a youthful and strong yet at the same time very lyrical Siegmund. Eva-Maria Westbroek is a dramatic, strongly singing Sieglinde. Elisabeth Kulman’s Fricka a youthfully strong and self-confident Fricka, who bravely confronts Wotan and gives her arguments more weight than many other singers in this role
And then to Rattle himself: He prefers dark colours throughout, likes to let the basses roar in a sound that is otherwise often chamber-musically transparent and sensual, but also sometimes seeks a degree of tremendous power that contrasts with the detailed and sensitively conducted, more intimate scenes. The Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks sounds great in both the quiet and the monumental. Unfortunately there are also some weaker passages, and with the Pappano-Walküre in my ear, that one clearly has my preference. The Rattle Walküre is not one I will ever want to listen to again.