Ende des 19. Jahrhunderts tobte in Wien der Kampf der Traditionalisten gegen die Neutöner, wobei er vor allem zwischen ihren Anhängern ausgefochten wurde. Der Tonkünstlerverein hatte 1885 einen Kompositionswettbewerb ins Leben gerufen. Im Jahr 1896 wurden unter der Vorgabe ‘Kammermusik mit mindestens einem Blasinstrument’ auch die beiden hier auf der Aufnahme vorgestellten Werke eingereicht. Vorsitzender des Komitees war Johannes Brahms, der den Traditionalisten zuzurechnen ist. Dementsprechend spiegelt sich viel von der Klangwelt dieses Älteren in den beiden Werken. Während das damals mit dem Dritten Preis bedachte Trio für Klarinette, Cello und Klavier von Alexander Zemlinsky bis heute seinen Platz im Repertoire hat, ist das Quartett von Walter Rabl, bei dem noch eine Violine zu der genannten Besetzung hinzugefügt wurde, ebenso vergessen wie sein Komponist. Damals wurde ihm der Erste Preis zugesprochen, und das Quartett, das am Anfang des Schaffens von Rabl steht und wohl gleichzeitig sein Höhepunkt ist, bindet sich bei technischer Meisterschaft formal und klanglich eng an Brahms.
Die vier Musiker dieser Einspielung haben alle mehr oder weniger enge Bindungen nach Österreich, sei es aus der Ausbildung oder auch im späteren Berufsleben. Mit lebhaftem Gestus lassen sie die beiden Kompositionen erklingen. Sowohl aufwühlende Hingabe als auch atmende Ruhephasen geben die verschiedenen Nuancen der Kompositionen zu erkennen. Mit deutlich transparentem Klangbild vor allem in den langsameren Abschnitten stellen sie die drei bzw. vier Stimmen klar artikulierten Stimmen nebeneinander, so dass ein fein durchhörbares Geflecht geboten wird. Mit geschmackvoller Lust und technisch ohne Fehl und Tadel heben sie diese beiden Stücke, was für das Quartett von Rabl insbesondere bedeutet, dass sie er dem Vergessen entreißen. Der insgesamt von der Aufnahme dunkel grundierte Ton wird nur durch die Violine und zeitweilig durch die Klarinette in hellere Register nach oben abgerundet. So gelingt es dem Label Gramola immer wieder, Werke, über die die Zeit hinweggegangen ist, in überzeugenden Interpretationen aus heutiger Sicht erklingen zu lassen und damit Raritäten zu zeigen.