Wie so vieles aus der französischen Romantik sind auch die Lieder (Mélodies) von Edouard Lalo (1823-1892) weitgehend unbekannt. Und wie so vieles dieser Zeit auch wird auch diese Musik im Zuge der Bemühungen des ‘Palazetto Bru Zane’ jetzt wieder entdeckt. Dabei stößt man auf so wichtige Lieder wie die des ungemein sozialkritischen Zyklus ‘Six romances populaires’ auf Texte von Pierrre-Jean de Béranger, auch wenn sie recht traditionell und kaum mit dem künstlerischen Anspruch der Lieder eines Duparc, eines Fauré oder eines Debussy zu vergleichen sind. Auch die romantischen Melodien auf Texte von Victor Hugo sind nicht besonders bemerkenswert in ihrem musikalischen Umgang mit dem Text. Damit könnte ihr Schicksal eigentlich besiegelt sein in einem Genre, dem ohnehin kein großer Publikumszuspruch gilt.
Warum also begeistern wir uns dennoch für diese Aufnahmen? Nun dies kommt durch den griechischen Bariton Tassis Christoyannis, der die Musik Lalos mit großem Darstellungstalent belebt. Jedes gesungene Wort versteht man in diesem fein nuancierten, die einzelnen Lieder gut individualisierenden Gesang. Artikulation und Stimmführung sind vorbildlich, die im unteren Register kraftvoll-warme, in der Mittellage etwas kernige und nach oben hin tenoral-lyrische Stimme ist durchwegs angenehm timbriert und spricht den Hörer unmittelbar an, weil sich der Sänger als perfekter Erzähler erweist, weil er jedes Wort richtig gewichtet und farblich wirkungsvoll werden lässt. Das ist große Liedkunst! Hoffentlich hören wir diesen Sänger bald in einem etwas spannenderen Repertoire wieder…