Dmitri Shostakovich: Kammersymphonien op. 73a & op. 83a; Orchestre de chambre de Lausanne, Joshua Weilerstein; 1 CD Fuga Libera FUG769; Aufnahme 07/2019, Veröffentlichung 12/02/2021 (72'34) – Rezension von Remy Franck
Rudolf Barshai hat mit glücklicher Hand eine Reihe von Bearbeitungen von Shostakovichs Streichquartetten vorgenommen, von denen die des Streichquartetts op. 110 am bekanntesten geworden ist. Dennoch stehen die hier gespielten Transkriptionen des Vierten Streichquartetts op. 83 und des Dritten Streichquartetts op. 73 dem oben genannten Werk in nichts nach. Sie sind ungemein inspiriert und kunstfertig gemacht, und verwenden nicht nur, wie im Falle des Opus 110, Streichinstrumente. Der Klangreichtum wird bei Barshai aber nie Selbstzweck: die Musik klingt unverkennbar wie bester Shostakovich, und der Meister würde die Werke bestimmt nicht viel anders orchestriert haben. Im Gegensatz zu vielen anderen Bearbeitungen sind diese hier ein echter Gewinn und ohne Bedenken als eigenständige Kunstwerke zu akzeptieren.
Die Interpretationen sind herausragend gut. Joshua Weilerstein lässt das Orchestre de Chambre de Lausanne hier mit federndem Schwung, dort mit einfühlsamer Zurückhaltung musizieren. Er gestaltet beide Werke wie ein Lichtregisseur mit Farben, Schatten und Licht, und das mit ungeahnten und kostbarsten Nuancen. Nichts Grobes und Schweres gibt es hier, sondern Klarheit, viel Weichheit und Zartheit, die aber nie weichlich klingt. So erzeugt der Dirigent eine großartige Spannung, die die Aufmerksamkeit des Zuhörers unablässig herausfordert. Man wird nicht fertig, beim Orchester die exakte Präzision der Technik, des Zusammenspiels, die Biegsamkeit der Dynamik und die Qualität eines natürlichen Espressivos zu bewundern.
Sowohl die ausdrucksintensive Atmosphäre als auch die verspielteren Partien beider Symphonien sind bei Weilerstein in guten Händen.
Rudolf Barshai has successfully made a number of arrangements of string quartets by Dmitri Shostakovich of which that of the String Quartet Op. 110 has become the best known. Nevertheless, the transcriptions of the Fourth String Quartet, Op. 83, and the Third String Quartet, Op. 73, are in no way inferior to the aforementioned work. They are immensely inspired and artfully done, and do not just use string instruments, as in the case of the Opus 110. The richness of sound never becomes an end in itself with Barshai, however: the music sounds unmistakably like the best Shostakovich, and the master certainly would not have orchestrated the works much differently. Unlike many other arrangements, these ones are a real winner and can be accepted without hesitation as compositions in their own right.
The interpretations are outstanding. Joshua Weilerstein inspires the Orchestre de Chambre de Lausanne to a playing which can have much élan or, on the other hand, be sensitive and rather calm. He shapes both works like a light director with colors, shadows and light, and with unexpected and most precious nuances. There is nothing coarse and heavy here, but clarity, much softness and tenderness, which, however, never sounds softish. In this way, the conductor creates a magnificent tension that ceaselessly challenges the listener’s attention. One cannot help but admire in the orchestra the technical precision, the interplay, the flexibility of dynamics and the quality of a natural espressivo.
With Weilerstein both the expressive atmosphere and the more playful parts of both symphonies are in good hands.