Seine extreme Kurzsichtigkeit bescherte Georgy Sviridov das Glück, mit den Leningrader Philharmonikern nach Novosibirsk evakuiert zu werden und nicht Soldat werden zu müssen. Trotzdem hatte er als Schüler Shostakovichs in Leningrad, heute St. Petersburg, 1941 noch den Einmarsch der deutschen Truppen in Russland erlebt. Sein Werk ist geprägt von der Vokalmusik. Das bedeutet einerseits, dass hier der Großteil seiner Kompositionen zu finden ist, andererseits, dass seine Instrumentalwerke immer eine sangbare Gestaltung erfahren haben.
Neben dem Klaviertrio bietet das ‘Beethoven Trio Bonn’ dem Zuhörer als Ersteinspielungen die Triofassung der Romanze des ‘Schneesturms’ zur gleichnamigen Novelle von Pushkin und, mit Unterstützung von zwei weiteren Musikern, das Klavierquintett. Obwohl dieses Quintett zu den frühesten Ensemblestücken des Komponisten gehört, zeigt es schon die Merkmale seines individuellen Spätstils.
Ein breites Spektrum von Stimmungen findet sich in Sviridovs Werken, die von pathetischen Momenten bis hin zu leichten lyrischen Passagen reicht. Außerdem ist der Stil sehr intensiv, so wird bereits die Exposition des Quintetts mit motivischer Gestaltung belegt. Zwar liegen den Stücken keine Programme zugrunde, aber die Dichte der Entwicklungen zieht der Hörer trotzdem in den Bann, als ob er einer spannenden Erzählung lauschen würde.
Das Trio schuf Sviridov innerhalb kürzester Zeit. Darin verarbeitet er seine Kriegseindrücke. Die zyklische Gestalt wird durch die Verwendung des Themenmaterials in drei von vier Sätzen erzielt. Im Tonfall bleibt der Komponist insgesamt deutlich den tonalen Grenzen verwurzelt und überzeugt eher mit russischen Timbre als mit neuen musikalischen Auslotungen.
Entsprechend der Besetzung mit russischstämmigen Streichern, zu denen 2015 der südkoreanische Pianist stieß, widmet sich das ‘Beethoven Trio Bonn’ neben den Werken Beethovens vor allem dem russischen Repertoire. Für das Quintett wurden mit dem zweiten Geiger und dem Bratschisten ebenfalls Landsleute gewonnen. Das Spiel zeichnet sich durch eine große Ausdrucksstärke und Kraft aus. Die Homogenität wird auch im Quintett mit den beiden hinzugezogenen Musikern gewahrt. Die Musiker schaffen ein lebendiges Hörbild von Sviridovs Kammermusik, das uns die Musik intensiv und tiefgründig erfahren lässt.