Das Beethovenjahr 2020 steht vor der Tür, und es stehen viele Veröffentlichungen ins Haus. Dass sich darunter auch Interessantes findet, zeigt diese Aufnahme der Klavierkonzerte Nr. 0, 2 & 6. Die Pianistin Sophie-Mayuko Vetter überrascht uns mit der Weltersteinspielung des 6. Klavierkonzerts von Beethoven, dessen skizzenhaft erhaltener Kopfsatz aus den Jahren 1814/15 von Nicholas Cook fertiggestellt wurde und nachträglich von Hermann Dechant mit einer neuen Kadenz und einem neuen Schluss versehen wurde.
Das Resultat ist hörenswert, erlebt der Hörer doch hier eine deutliche Weiterentwicklung des 5. Klavierkonzerts. Dieses 6. Konzert mit seinem rhapsodischen Charakter weist bereits auf das große symphonische Konzert der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hin und ist somit ein sehr wichtiger Beitrag zur Beethovenrezeption. Vetter spielt dieses Konzert dann auch mit einer gesunden Mischung aus kraftvollem Anschlag, melodiöser Feinarbeit und analytischer Präzision, wobei der emotionale Gehalt aber immer im Mittelpunkt steht.
Das 2. Klavierkonzert, das chronologisch eigentlich das Erste ist, zeigt Beethoven einerseits als einen direkten Erben von Mozart, andererseits aber auch schon als einen Komponisten mit einer eigenen Tonsprache. Auch hier vermag die Pianistin eine stilsichere und vor allem spieltechnisch brillante Brücke zwischen Mozart und Beethoven zu schlagen. Der klare, feinsinnige Anschlag gepaart mit großer Musikalität und einen untrüglichen Gespür für Architektur und Stimmungen zeigt deutlich den Rang dieser Pianistin.
Beethovens allererste Auseinandersetzung mit der Gattung Klavierkonzert erlebt der Hörer in seinem Konzert Nr. 0 aus dem Jahre 1784. Der damals knapp vierzehnjährige Komponist hat damit ein Werk geschrieben, das eher an Bach als an Mozart erinnert, das aber durchaus seine Qualitäten besitzt. Beethoven hat nachträglich weiter an diesem Jugendwerk gefeilt, das wir hier in seiner definitiven Fassung hören.
Sophie-Mayuko Vetter hat für die Einspielung dieses Konzerts einen Broadwood Hammerflügel benutzt, was das Konzert (hier in kleiner, fast kammermusikalischer Orchesterbesetzung gespielt) dann in ein ganz besonderes historisches Klanggewand hüllt. Begleitet wird die Pianistin von den hie exzellenten Hamburger Symphonikern und Peter Ruzicka, der einen klangvollen, klassischen Beethoven dirigiert. Der volle Klang des Orchesters, Ruzickas musikantisches Dirigat und Vetters in allen Hinsichten brillantes Klavierspiel machen dieses außergewöhnliche Programm musikalisch wie interpretatorisch zu einem wichtigen Beitrag des Beethoven-Jahres.