Die 1985 geborene bulgarische Violinistin Irina Borissova hat für diese CD ein vielseitiges und eher unübliches Programm zusammengestellt. Es beginnt mit einer melodienreichen, spätromantischen Sonate ihres Landsmanns Pancho Vladigerov (1899-1978), der dieses Werk, sein Opus 1, im Alter von 15 Jahren komponierte. Es ist ein pubertär leidenschaftliches Werk, das Irina Borissova mit viel Engagement spielt. Schade, dass es ihr im Eifer des Gefechts auf etliche unschöne Klänge und Intonationsprobleme nicht ankommt. Ihre brillante und sehr farbige Interpretation ist aber eine starke Argumentation für eine durchaus bemerkenswerte Sonate.
Mit demselben Feuer geht Borissova auch an die Poulenc-Sonate heran. Doch diese klingt in den Ecksätzen rabaukenhaft und ohne das französische Raffinement, das ihr eigen ist. Im 2. Satz befolgt die Geigerin zwar des Komponisten Vorgaben für das Tempo, doch es fehlt der Musik etliches an natürlichem Lyrismus.
Seabourne’s A Portrait and Four Nocturnes ist eine Hommage an Frédéric Chopin. Der Komponist sagt dazu: « The starting point was the saga of Chopin’s ill-fated time on Majorca with George Sand. (…) The first movement Portrait: Chopin (after the manner of Schumann’s in Carnaval), is a little character sketch rather than any attempt to imitate or be referential to the composer’s sound world. Here, though, he is not « the dreamer poet », but the storm-tossed Romantic of the Revolutionary Etude. The four nocturnes which follow are certainly not at all Chopin-like – I never wanted to write a Mozartiana. They are by turns shadowy, poignantly lyrical, nightmarish, and finally valedictory (the poem Invictus by W.E. Henley seemed to capture the mood). »
Dieses Werk von Peter Seabourne (*1960) ist ein in allen Teilen expressives und aussagekräftiges Stück, das Irina Borissova sehr rhetorisch und spontan spielt, hier wie in den anderen Stücken partnerschaftlich begleitet vom italienischen Pianisten Giacomo Battarino.
Und so bleiben dem Rezensenten am Ende zwei gute Erinnerungen an diese CD, Vladigerovs Jugendwerk und, an erster Stelle, Seabournes Chopin-Hommage.