The Freischütz Project; Stanislas de Barbeyrac (Max), Johanni Van Oostrum (Agathe), Chiara Skerath (Ännchen), Vladimir Baykov (Kaspar), Christian Immler (Eremit), Thorsten Grümbel (Kuno), Daniel Schmutzhard (Ottokar), Anas Séguin (Kilian), Insula Orchestra, Choeur Accentus, Laurence Equilbey; 1 CD + Bonus DVD Erato 0190295109547; Liveaufnahme 10/2019, Veröffentlichung 26/02/2021 (79') – Rezension von Remy Franck
Das Freischütz Projekt ist eine Liveaufnahme von Auszügen aus Carl Maria von Webers Oper. Die Ouvertüre ist noch ok, obgleich auch hier schon Equilbeys Hang zum Überakzentuieren (dem sogenannten Hopsasa-Dirigieren) gemäßigt deutlich wird. Positiv fallen die frischen Farben des Orchesterspiels auf. Die folgenden zwei Chornummern sind durchwegs in Ordnung. In der großen Arie ‘Nein, länger trag ich nicht die Qualen’ kann Stanislas de Barbeyrac als Max gefallen, obschon die Stimme etwas säuerlich klingt. Equilbey begleitet einfühlsam und dynamisch, freilich mit etwas unruhiger Rhythmik.
‘Schweig, schweig’, Kaspars Arie mit Vladimir Baykov, leidet etwas unter mangelnder struktureller Rhetorik und einem allzu aufdringlichen Orchester, so als gehe es hier um einen Streit nicht zwischen Max und Kaspar sondern zwischen dem Orchester und den Sängern.
Beide Damenstimmen, jene von Chiara Skerath (Ännchen) und Johanni Van Oostrum (Agathe) sind rein vokal gesehen akzeptabel, aber darstellerisch bleiben sie weit hinter den Erwartungen zurück, Ännchen ist nicht keck und lustig genug, und Van Oostrum gelingt es nicht, Angst und Kummer von Agathe zum Ausdruck zu bringen. Dem Finale des 2. Aufzugs, der sogenannten Wolfschluchtszene, fehlt es insgesamt an dramatischem, übergreifendem Atem, weil Equilbey den Orchesterpart nicht zum Tragen der Stimmen, sondern zum eigenen Kommentieren benutzt und das Ganze nicht kohärent strukturiert, sondern in Einzelteile zerfallen lässt. In der Szene, in der die Kugel gegossen werden, tritt dann Equilbeys Überakzentuieren wieder einmal so zutage, dass man glaubt, es handele sich um einen Ritt zu Pferde und nicht um eine an sich recht statische Handlung, die linear gesteigert und nicht hopsend musiziert werden sollte. Der Schluss verpufft so einfach wirkungslos, weil keine Spannung da ist, die sich auflösen könnte.
Bei Agathes Kavatine ‘Und ob die Wolke sie verhülle’ denkt man wehmütig an Elisabeth Grümmer oder Gundula Janowitz zurück, nicht nur weil sie besser sangen, sondern weil sie Dirigenten hatten, die das Orchester als lyrischen Teil der Arie und nicht als sich verselbstständigenden Part sahen. Auch in Ännchens Romanze und Arie ‘Einst träumte meiner sel’gen Base’ vertrage ich Equilbeys orchestrales Überkommentieren nicht, weil es sich nie mit der Stimme vereint und diese Stimme auch Webers Absichten nicht richtig realisieren kann. Dieses Juwel einer romantischen Arie wird hier völlig verunstaltet. Den Jägerchor hat man schon besser gehört, und die Schlussszene leidet ebenfalls darunter, dass Equilbey mit ihrem hyperaktiven Orchester die Stimmen nicht trägt, sondern immer eine eigenständige Rolle zu spielen versucht. Die Sänger scheint die Dirigenten völlig sich selbst zu überlassen, und wenn plötzlich mehr dem Diskurs einer Flöte als dem Sänger zuhört, läuft etwas falsch.
The Freischütz project is a live recording of excerpts from Carl Maria von Weber’s opera. The overture is still okay, although Equilbey’s tendency to over-accentuate (bouncing conducting) is already moderately evident here. The fresh colors of the orchestral playing are positively noticeable. The following two choral numbers are fine throughout. In the great aria ‘Nein, länger trag ich nicht die Qualen’ Stanislas de Barbeyrac makes a rather good impression as Max, although the voice sounds a bit sour. Equilbey accompanies sensitively and dynamically, admittedly with somewhat restless rhythms.
‘Schweig, schweig’, Kaspar’s aria with Vladimir Baykov, suffers from a lack of structural rhetoric and an overly intrusive orchestra, as if the argument here is not between Max and Kaspar but between the orchestra and the singers.
Both ladies’ voices, those of Chiara Skerath (Ännchen) and Johanni Van Oostrum (Agathe) are acceptable from a purely vocal point of view, but in terms of performance they fall far short of expectations; Ännchen is not perky or funny enough, and Van Oostrum fails to express Agathe’s anguish and sorrow. The finale of the second act, the so-called Wolfschluchtszene, lacks overall dramatic breath across the scenes, because Equilbey uses the orchestral part not to carry the voices but to comment on them himself, and does not structure the whole coherently but lets it fall apart into separate parts. In the scene in which the bullets are poured, Equilbey’s over-accentuation once again comes to the fore in such a way that one believes it is a ride on horseback and not a rather static action in itself, which should be increased linearly and not played hopscotch. The ending fizzles out so simply ineffective because there is no tension to resolve.
In Agathe’s cavatina ‘Und ob die Wolke sie verhülle’ one thinks wistfully back to Elisabeth Grümmer or Gundula Janowitz, not only because they sang better, but because they had conductors who saw the orchestra as a lyrical part of the aria rather than a part that takes on a life of its own. In Ännchen’s Romance and aria ‘Einst träumte meiner sel’gen Base’ I also can’t stand Equilbey’s orchestral over-commenting because it never unites with the voice and that voice can’t properly realize Weber’s intentions either. This jewel of a romantic aria becomes all too banal. The Jägerchor has been heard better, and the final scene also suffers from Equilbey’s hyperactive orchestra not carrying the voices but always trying to play an independent role. The singers seem to leave the conductors completely to themselves, and when the listener suddenly pays more attention to the discourse of a flute than to the singer, something goes wrong.