Memento; Franz Schubert: Streichquartett Nr. 14 d-Moll D. 810 (Der Tod und das Mädchen); Felix Mendelssohn Bartholdy Streichquartett Nr. 6 f-moll op. 80; Vision String Quartet (Jakob Encke, Daniel Stoll, Violine, Leonard Disselhorst, Cello, Sander Stuart, Viola) 1 CD Warner Classics 0190295309558; Aufnahme 04/2019, Veröffentlichung 03/2020 (62'15) - Rezension von Remy Franck
Das Streichquartett D. 810, Der Tod und das Mädchen, ist 1824 entstanden, ein Jahr nach Schuberts Erkrankung an der Syphilis und nach einem Aufenthalt im Krankenhaus, wo er sich einer Quecksilberkur unterzogen hatte. Zu spät, denn im Tertiärstadium der Krankheit war ihm nicht mehr zu helfen, und Schubert war sich bewusst geworden war, dass er nie wieder ganz gesund werden könnte.
Das Quartett bezieht seinen Namen vom Lied Der Tod und das Mädchen, das 1817 komponiert wurde und das der Komponist im zweiten Satz des Quartetts wiederverwendete. Auf seine innere Verfassung deutet die Verwendung der Moll-Tonart in allen vier Sätzen hin.
Das Streichquartett Nr. 6 in f-Moll, op. 80 wurde 1847 von Felix Mendelssohn komponiert. Es war das letzte große Werk, das er vollendete, bevor er zwei Monate später, am 4. November 1847, starb. Er komponierte das Stück als eine Hommage an seine Schwester Fanny, die am 17. Mai desselben Jahres gestorben war, und er sah es als ein ‘Requiem für Fanny’ an.
Das junge Vision String Quartet spielt auf hohem Niveau, was Intonation, Homogenität und Balance zwischen den Instrumenten anbelangt. Auch an Musikalität und Engagement lassen die vier nichts zu wünschen übrig. Mit kräftigen Kontrasten und viel Impetus loten sie die innere Dramatik des Schubert-Quartetts aus und lassen keinen Zweifel aufkommen, dass sie die in der Musik geäußerte tragische Gemütsverfassung voll erfasst haben. Im letzten Satz schaffen es die Visions – die hier nicht das schnellste der Quartette sind – das Getriebensein der Musik besonders gut zum Ausdruck zu bringen.
Die Kontrastierung zwischen süßen Momenten mit fast zynischem Unterton und den Verzweiflungsausbrüchen verstärken die Abgründe, die Schubert in Musik umgesetzt hat.
Den ersten Satz des Mendelssohn-Quartetts haben viele Quartette ähnlich schnell gespielt wie das Vision String Quartet, aber nicht vielen ist es gelungen, die Bewegung so zwingend und kohärent in einen musikalischen Fluss zu setzen. Es gibt bei ihnen keine Bewegung, keine Akzentuierung die sich nicht aus dem Vorangegangenen ableiten und in das Umfeld perfekt einfügen würde. Dasselbe gilt für die zwei übrigen schnellen Sätze und ganz besonders für das erschütternde Finale mit seinen wilden Modulationen und Verzweiflungsschreien. Die dunkle Färbung des Adagios treffen die Visions genau, und das Ende des Satzes ist bewegend traurig.
The String Quartet D. 810, Death and the Maiden, was composed in 1824, one year after Schubert’s illness with syphilis and after a stay in hospital where he had undergone a mercury cure. It was too late, for in the tertiary stage of the illness he was beyond help, and Schubert had realised that he could never fully recover. The quartet takes its name from the song Der Tod und das Mädchen, composed in 1817, which the composer reused in the second movement of the quartet.
The use of the minor key in all four movements is a clear indication of his state of mind.
The String Quartet No. 6 in F minor, op. 80 was composed by Felix Mendelssohn in 1847. It was the last major work he completed before he died two months later, on 4 November 1847. He composed the piece as a tribute to his sister Fanny, who died on 17 May of the same year, and he considered it a ‘Requiem for Fanny’.
The young Vision String Quartet plays on a high level in terms of intonation, homogeneity and balance. The four also leave nothing to be desired in terms of musicality and commitment. With strong contrasts and a great deal of impetus they convey the inner drama of the Schubert Quartet and leave no doubt that they have fully grasped the tragic state of mind expressed in the music. In the last movement the Visions – they are not the fastest of the quartets here – manage to express the drive of the music particularly well.
The contrast between sweet moments with an almost cynical undertone and the outbursts of desperation reinforce the abysses that Schubert has set into music.
Many quartets have played the first movement of the Mendelssohn Quartet at a similar speed as the Vision String Quartet, but not many have succeeded in bringing the movement so compellingly and coherently into a musical flow. The same applies to the two remaining fast movements and especially to the traumatic finale with its wild modulations and cries of despair. The dark colouring of the Adagio is perfect, and the end of the movement is movingly sad.