Im Oktober 1969 wurde an der Deutschen Oper Berlin Boris Blachers Oper ‘200.000 Taler’ uraufgeführt. Diese Vertonung einer Komödie des beliebten jüdischen Autors Scholom Aleichem (Anatevka) inspirierte Blacher (1903-1975) weil, wie er sagte, « hier an der kleinsten Zelle menschlicher Gemeinschaften, das heißt an einer jüdischen Familie der östlichen, polnisch-russischen Gebiete, Kräfte deutlich werden, die unser Jahrhundert wesentlich bewegten: wie die Veränderung der sozialen Struktur, Rassenhass, die Antinomie von Glück und Materialismus, aber auch das Generationsproblem und vieles andere mehr.“
Die Aufzeichnung der von Gustav Rudolf Sellner inszenierten Uraufführungsproduktion durch den Sender Freies Berlin erfolgte im Jahr 1970 und liegt nun erstmals auf DVD vor.
Darum geht es: Schimele Soroker, ein in Galizien wohnender Schneidermeister mit zwei Gesellen und einer Tochter, hat nach neunzehn Jahren Lotteriespiel endlich Glück – auf sein Los fällt der Hauptgewinn: 200.000 Taler! Soroker bezieht ein feudales Haus, kauft eine Kutsche, engagiert Dienstboten … Leider erweist sich der Gewinn als Irrtum, und die ganze Welt der Parvenus zerfällt. Die Schneiderfamilie kehrt in die beim reichen Solomon gemietete alte Werkstatt zurück. Die einzige, die sich freut, ist Tochter Bailke, die sich im reichen Umfeld sehr unwohl fühlte. Sie bekommt den, den sie immer haben wollte, nämlich den treugebliebenen Gesellen.
Blacher nennt sein Stück eine ‘singspielhafte Komödie’, aber es gibt darin wenig wirklichen Gesang, meist nur durchaus komödiantisch angelegten Sprechgesang auf einem modernistisch klingenden Orchesterteppich, erfrischend einfach und flüssig. Diese Musik verlangt von den Schauspielern viel schauspielerisches Talent sowie einen Regisseur, der Gesten und Mimik detailreich gestaltet. Das alles ist in dieser frisch-fröhlichen Aufführung durch Sellner garantiert. Der Regisseur versucht nicht mehr in das Stück zu legen, als es beinhaltet und belässt ihm so seine erfrischende Atmosphäre.
In his opera ‘200.000 Taler’ after a Yiddish story by Sholom Aleichem, Boris Blacher uses a fluid Sprechgesang on a richly decorated, modernist orchestral background. The comedy character is evident, though quite serious themes are treated, like anti-Semitism or the conflict between generations. The fresh and colorful staging works fairly well, and the singers’s challenge is more on the theatrical than on the vocal side.