Es kann durchaus passieren, dass man Musik zu hören bekommt, bei der man nicht gleich weiß, worum es sich handelt. Bei dieser CD wird man dann ganz schnell verzweifelt überlegen, welches bekannte romantische Klavierkonzert das denn wohl sein könnte bzw. welche Symphonie. Und dann stellt sich heraus, dass man die Musik noch nie gehört hat. Jedenfalls wird es wohl den allermeisten bei Eyvind Alnæs so gehen.
Dieser lebte von 1872 bis1932. Früh wurde sein Talent entdeckt und er begann mit 16 Jahren sein Musikstudium bei Iver Holter, einem anderen norwegischen Tonsetzer. Nach Abschluss dieser Studien gab er ein Konzert mit eigenen frühen Klavierwerken, bei dem Edvard Grieg auf ihn aufmerksam wurde und ihm ein Stipendium vermittelte. So konnte er, wie so viele norwegische Künstler, in Deutschland studieren. Diese Zeit in Leipzig wurde maßgeblich durch Carl Reinicke geprägt.
Die Aufführung der Symphonie von Alnæs wurde vor dem Hintergrund der in Deutschland beliebten Werke von Grieg und dem ‘Frühlingsrauschen’ von Sinding ein großer Erfolg. Obwohl die Symphonie noch studentische Einsprengsel aufweist, ist sie eine reife romantische Komposition, die mit ihrem dunklen Tonfall die persönliche Note des Komponisten vermittelt.
Mit nahezu unverändertem harmonischem Geflecht präsentiert Alnæs knapp 20 Jahre später sein Klavierkonzert. Allerdings kann man bei diesem Werk einen höher entwickelten Fluss der Gestaltung und eingängigere Motive feststellen. Trotz der massiven Bläserbesetzung (u. a. 8 Hörner, 6 Posaunen) gelang dem Komponisten eine gut durchhörbare Orchestration, die das Klavier nicht zudeckt. Der erste Weltkrieg verhinderte weitere Aufführungen, so dass diesem Werk kein großer Erfolg beschieden war.
Wie für das Label Lawo üblich, widmen sich nordische Künstler der Darbietung. Der Pianist Havard Gimse ist einer der angesehenen norwegischen Pianisten. Er präsentiert eine stimmungsvolle klar strukturierte Sicht dieses Werkes, die seine musikalischen Fähigkeiten belegt. Das von Mariss Jansons über Jahrzehnte geprägte Philharmonische Orchester Oslo musiziert hier unter dem Dirigat von Eivind Aadland in beiden Werken. Der insbesondere in seiner Heimat, aber auch weltweit dirigierende Aadland führt das nach wie vor exzellente Orchester sicher durch die emotional ansprechende Musik, und sie entwickeln ein volltönendes Klangbild, das Freude beim Hören erzeugt.
Eine lohnenswerte Entdeckung einer individuellen norwegischen Stimme, die aufgrund musikalischer Entwicklungen verstummte, ist mit dieser Aufnahme möglich geworden.