Ganz unabhängig davon, ob man nun eine konzertante Sternstunde erleben oder eine besondere CD-Aufnahme hören darf: Es stimmt immer wieder optimistisch, wenn junge Menschen miteinander musizieren, künstlerische Tradition pflegen und sie damit ins Heute tragen. Das gilt natürlich auch für Advents- und Weihnachtslieder. Doch gerade hier, auf diesem bereits recht gesättigten Markt, muss sich eine Tonaufnahme stets hinterfragen lassen, ob sie dem Bestehenden nur eine weitere hinzufügt oder etwas Neues, bis dato gleichsam Unerhörtes schenkt.
‘Christmas Lullaby’ mit dem Knabenchor ‘Collegium iuvenum Stuttgart unter der Leitung von Michael Čulo tut dies leider nicht, was an der mangelhaften interpretatorischen Leistung und einer zuweilen unzulänglichen Aufnahme liegt: Über weite Strecken ist der Chor zu weit weg, die Textverständlichkeit ist eingeschränkt und phasenweise klingt es, als habe man die Mikrophone mit Wollsocken eingepackt. Wie schade!
Es finden sich ein paar schöne Sätze, darunter das kurze ‘Leise rieselt der Schnee’ von Vic Nees (1936-2013). Auch Chorleiter Michael Culo (*1980) steuert ein paar instrumentale Farbtupfer bei: eine ansprechenden Pastorale über kroatische Weihnachtslieder für Orgel und Oboe sowie Meditationen über bekannte Weihnachtslieder (Es ist ein Ros entsprungen, Es kommt ein Schiff geladen); diese stehen jedoch zu solitär und abstrakt im klanglichen Kontext, weil der Chor sie nur in einem Fall (Maria durch ein Dornwald ging) aufgreifen darf. An der Orgel ist Antal Varadi zu hören, an der Oboe Kirsty Wilson und an der Flöte Julie Stewart-Lafin.
Der Knabenchor verfügt über einige schöne Solostimmen und ein passables Ensemble. Der Gesamtklang jedoch ist austauschbar, denn Dirigent Ĉulo macht einfach viel zu wenig aus den verschiedenen Sätzen. Die Stücke, die sich stilistisch weit ausgefächert ausnehmen, plätschern nur so dahin, kaum etwas will hängen bleiben. Dem Chorklang fehlt es an Spannung, es gibt kaum dynamische oder agogische Binnenentwicklung, Bögen werden selbst da nicht ausgesungen, wo es sich geradezu aufdrängt. Und das stört gerade bei so bekannten Werken wie ‘O du fröhliche’ oder Gustav Holsts ‘In the black midwinter’ ungemein: Sie klingen einfach nur langweilig. Als adventliches Konzertprogramm in einer stimmungsvollen Kirche mag ‘Christmas Lullaby’ vielleicht erfreuen – auf CD erfüllen diese Wiegenlieder jedoch leider zu rasch ihren Zweck: Gute Nacht.