Im Mozart Saal des Wiener Konzerthauses spielte im Rahmen des Festivals Wien Modern das Arditti Quartet. In seiner aktuellen Besetzung mit Irvine Arditti und Ashot Sarkissjan, Violine sowie Ralf Ehlers, Viola, und Lucas Fels am Violoncello stellte das Ensemble fünf Werke von vier Komponisten vor. Uwe Krusch hat für Pizzicato intensiv gelauscht.
Um ein Gutes vorweg zu nehmen. Nach dem doch etwas enttäuschenden Soloauftritt einige Tage zuvor zeigte sich Primarius Irvine Arditti wieder in bester Verfassung und lieferte zusammen mit seinen Quartettkollegen ein mitreißendes Konzert mit höchster geigerischer Spielkultur ab.
Eröffnet wurde der Abend mit No one von Isabel Mundry. Bei diesem Werk nutzte die Komponistin ihre Zeit am IRCAM, um formal und harmonisch ein Gerüst zu gestalten, das sie dann in Musik umsetzte. Das sich ergebende Hörbild zeigte vier Stimmen, die sich nebeneinander bewegten, aber auch immer wieder gemeinsame Treffpunkte hatten.
Bei den Kompositionen des Abends spielte auch die räumliche Komponente eine starke Rolle. So im zweiten Werk, 2vl für zwei Violinen von Robert HP Platz. Während Arditti auf der Bühne blieb, fand Ashot Sarkissjan seinen Platz auf dem Balkon, so dass ein raumgreifender Dialog zwischen beiden Musikern stattfand. Diese österreichische Erstaufführung zeigte zwei gleichstark involvierte Partner in einer Art polyphonem Miteinander.
Eine weitere Erstaufführung für Österreich bot ‘To see a World in a Grain of Sand’ von Nina Šenk. Diese slowenische Komponistin hatte eine Gedichtzeile von William Blake als Ausgangsspunkt genommen, um aus einem Ton eine leise und sanfte, aber sehr dichte und geschichtete Struktur zu schaffen, die virtuos dargeboten wurde.
Das zweite Werk des Abends von Isabel Mundry hatte sich als neue Komposition aus dem älteren Werk ’11 Linien’ ergeben. In der jetzigen Form handelte es sich um sieben Bestandteile, die nunmehr als Linien / Zeichnungen ineinandergreifende Profile mit polyphon aufgefächerten Zeichnungen kombinierten. In diesem Werk hatte sich das Quartett einzeln platziert an den Rändern der Bühne verteilt, so dass jeder für sich allein saß. Die Sitzordnung war auch deswegen noch besonders, weil, von links nach rechts gesehen, Geige, Cello, Geige und Bratsche ihren Platz hatten. Eine zweite Geige an der dritten Position findet sich normalerweise in keiner Besetzungsordnung.
Im zweiten Konzertteil bot das Arditti Quartet ‘iv 13’ an. Diese Miniaturen für Streichquartett von Mark Andre zeigten mit harmonischen, unharmonischen und auch geräuschhaften Teilen eine sehr leise, fast durchgehend flüsternde Komposition. Dabei hatte das Arditti Quartet eine Vielzahl ungewöhnlicher Spieltechniken innerhalb kürzester Zeit zu absolvieren. Wobei diese vier Musiker wahrscheinlich keine Technik ungewöhnlich finden, sie haben bestimmt schon alles gesehen. So war beispielsweise der Bogen collegno einzusetzen, also mit dem Holz zu spielen, oder mit hinter dem Steg zu streichenden Passagen.
Die große Klasse des Arditti Quartet ist seit Jahrzehnten bekannt. Spätestens bei dem Werk von Mark Andre bewiesen sie ihre Qualitäten. Da sie bei einer halben Stunde Spieldauer und der Vorgabe, fast durchgehend leise oder äußerst leise zu agieren, selber die Spannung aufbauen und halten konnten und dabei das Publikum bis zum Ende des Konzerts noch in ihren Bann zogen bzw. halten konnten, zeigte sich, mit welcher Intensität und Finesse sie solche Aufgaben meistern.
Doch hatten sie diese Fähigkeiten schon vorher in allen Werken angewendet. Äußerlich wirkten sie manchmal fast stoisch, was wohl eher auf die hohe Konzentration hindeutete. Dabei belebten sie jede Partitur mit famoser technischer Umsetzung bei gleichzeitiger gestalterischer Detailarbeit mit der Liebe zur subtilen klanglichen Ausformung. Damit gelang ihnen ein ebenso aufregender wie vielgestaltiger Abend, der wieder einmal zeigte, dass Neue Musik richtig Spaß machen kann, den Interpreten und auch den Zuhörern.