Das Jubeljahr zum 200. Geburtstag von Johann Strauss Sohn im Jahr 2025 hält Wien in Atem. Uwe Krusch erlebte für Pizzicato, wie sich das Klangforum Wien das Ergebnis des Kompositionsauftrages an Wolfgang Mitterer umsetzte, der unter dem Titel ‘tritsch tratsch johann strauss II –great hits / a remix’ nun in der Uraufführung erklang.
Mitterer hatte sich 18 Stücke aus dem Universum von Strauss Sohn vorgenommen und sie in 13 Sätzen in seiner persönlichen Lesart aufbereitet. Dabei zielte er darauf ab, einen neuen Höreindruck abseits der hinlänglich bekannten Strauss Rezeption zu finden, der die Stücke auch aus dem Korsett der oft gemächlichen Aufführungstradition befreit. Dabei wählte er neben einem Marsch Polkas und, klar, viele Walzer aus.
Dass bei diesem Ansatz erstaunlich viel Strauss noch gut erkennbar war und dann doch auch immer wieder keine Note auf der anderen blieb, durfte das mit positiver Erwartungshaltung anfangs noch vorsichtig lauschende Publikum erfahren. Beispielsweise nutze Mitterer die Einstiege in ein Stück oder Übergangspartien, die auch im Original erst im Nachhinein den Blick auf das eigentliche Werk freigeben, um hier seine Töne einzubringen. Doch auch anderweitig schuf er Tonvorhängen, unter denen mehr oder minder gut heraushörbar das Original durchschimmerte. Dabei setzte er durchaus harte Akzente mit drei Musikern und deren vielen durchschlagskräftigen Schlagwerksinstrumenten, die einen Jazz- oder Rockton erzeugten, der das Zwerchfell und anderes beben ließ. Mit Akkordeon, Harfe und zwei Klavieren zu den orchestertypischen Instrumenten in Solobesetzung hatte Mitterer zudem eine breite Palette an Klangmöglichkeiten zur Verfügung, die er weidlich nutzte. Schärfere dissonante und provokante Parts folgten gelöste zarte Aspekte seiner Sicht auf die Musik des jüngeren Johann Strauss. Die zugespielte Elektronik bot noch ergänzende Stimmen und Geräusche, die weitere Ebenen ins Spiel brachten, so dass eine Häufung der Eindrücke auf die Zuhörenden einprasselte. Allerdings brachten dann wieder die Anklänge ans Original gewohnte Orientierung.
Manche Kommentare Mitterers erzeugten regelrecht einen körperlich ausgeprägten Bewegungseffekt. Andere wurden lächelnd aufgenommen. In jedem Fall blieben die Freude und Spannung fürs Zuhören. Durch das Weglassen von Wiederholungen im Original hatte Mitterer eine Straffung des Stoffes erzielt, die mehr Fahrt ins Geschehen brachte. Freunde der Musik von Strauss Sohn konnten sich noch an seiner Musik erfreuen und die anderen, die in Erwartung neuer Klänge gekommen waren, hatten ihren Spaß daran, die Überstülpungen und Dekunstruktionen der Originale zu genießen. Am Ende zeigte sich das Auditorium in freudig gelöster Stimmung und ließ den Komponisten und die Mitwirkenden inklusive Markus Wallner, der die Tontechnik gekonnt einbrachte, hochleben. Erregter Stimmung wanderte man ins Foyer, wo ein Stelldichein im lockeren Rahmen Raum für weiteren Austausch mit den Beteiligten ließ.
Das Solistenensemble Klangforum Wien erwies sich auch Dank des Dirigats von Elena Schwarz wieder einmal nicht nur als sichere Bank bei der Umsetzung, sondern als hochkonzentriert und begeistert mitgehende Umsetzer dieser neuen Ideen zum Jubilar. Dabei konnten sich besonders die drei Schlagzeuger mit ausgeprägt hörbaren Passagen hervortun. Neben vielfältigen klingelnden und pfeifenden Instrumenten waren die klassischeren mit Schlegeln bzw. Klöppeln zu spielenden Teile der Gruppe zu erleben, die auch massive Mitteilungen rhythmisch markant einbringen durften. Doch auch alle Streicher und Bläser waren solistisch zu erleben, so dass sich keiner der Musiker über fehlende Aufgaben beklagen musste.
Das Konzert ließ statt 13 Kapiteln Johann Strauss Sohn pur 13 Kapitel Wolfgang Mitterer pur hören. Ob im Jubiläumsjahr auch ein anderes Herangehen möglich gewesen wäre, etwa 13 Komponisten mit verschiedenen Sichten bzw. Kommentierungen auf Strauss Sohn nebeneinander zu stellen, lassen wir nach dem ereignisreichen und Emotionen schürenden Abend dahin stehen.