Ihr erstes Konzert in der laufenden Saison eröffnete das Hagen Quartett mit zwei Werken von Joseph Haydn aus Reihe der Werke mit der Opus-Nummer 33, nämlich dem dritten und dem fünften. Danach kredenzten sie das erste Quartett von Robert Schumann und als Zugabe noch den langsamen Satz aus seinem dritten, hat Uwe Krusch für Pizzicato gehört.
Die Reihe dieser sechs Werke von Haydn gilt als Beginn der ausgereiften Quartettkompositionen, die er geschaffen und damit die weitere Entwicklung der Gattung bis heute begründet hat. Mit freien Linien der vier Instrumente, die so gesanglich und virtuos wie unabhängig erkunden, schuf er beredte Dialoge, die absichtsvoll zwischen Ernst und hintergründiger Heiterkeit variieren. Die ersten Sätze in der Sonatensatzform stattete Haydn mit Finten und Pointen aus, was die Akteure meisterhaft herauskitzelten.
Das Quartett op. 33 Nr. 3, mit dem von Dritten hinzugefügten Namen Vogelquartett, bot das Hagen Quartett als harmonisches Vexierspiel. Den von Generalpausen immer wieder unterbrochenen Satz über stellten sie auch den Vogelruf in bäuerlich-tänzerischer Verkleidung gekonnt dar. Die Naivität des Nebenthemas, als semplice gekennzeichnet, wussten sie entsprechend einfach zu formen.
Nach der hohen Lage des Kopfsatzes stürzten sich die vier Musiker im Scherzo mit sotto voce, also gedämpfter Stimme, in die tiefe Lage. Auf das Duo der beiden Geiger fokussierte der langsame Satz, den das Hagen Quartett arienhaft kantabel und dicht gearbeitet affektstark und schmerzlich bewegt formulierte. Umso ausgelassener bewegten Sie sich im Finale. Ein überraschend komisches Rondo über ein Spieldosenthema, dessen Figuren zu immer neuen Pointen Anlass geben, meisterten sie mit der gehörigen Portion freudigem Engagement.
Den Kopfsatz des G-Dur-Quartetts, der Nummer 5 von op. 33, der wegen der Widmung an Paul von Russland als russische Quartette bezeichnen Reihe, starteten die Ausführenden mit der paradoxerweise an den Anfang gesetzten Kadenzformel, also einem Schlussgedanken. Diese Verkehrung der Tatsachen nutzten die Musiker, sie als Bindeglied zwischen den Teilen der von Haydn geschaffenen Sonatenform zu präsentieren. Die pathetische Opern-Cavatina des langsamen Satzes gestalteten sie ausdrucksvoll, wobei es dem Primarius Lukas Hagen mühelos gelang, auch die Verzierungen damaliger Opernsänger nachzuahmen. Wie bei allen Werken von Opus 33 folgte statt eines Menuetts ein Scherzo, das von den raffinierten gesetzten und ebenso vermittelten Akzentverschiebungen lebte, bevor das Finale mit einer Forlane, einem italienischen Volkstanzaus er Region Friaul Venedig Giulia entsprechend munter beendet wurde.
Zurückgenommen und doch ausdrucksstark eröffnete das Ensemble den ersten Gattungsbeitrag von Robert Schumann in seinem imitierend polyphonen Stil, bevor der lyrische Hauptteil des ersten Satzes vom Quartett ausgekostet wurde. Ihr phänomenales Zusammenspiel bewies das Quartett dann nicht erst hier, aber besonders auch im rhythmisch originell gesetzten Scherzo. Als Lied gestalteten sie das Adagio, bei dem sich die Bratsche, also Veronika Hagen, mit ihren charakteristischen Passagen bevorzugt melden durfte. Den Schlusssatz, der von einer Musette unterbrochen ist, spielten sie so klar und durchsichtig, wie die Musik es verlangte und man es bei einem Quartett dieser Extraklasse erwarten durfte.
Die kaum enden wollenden Bravorufe und der zu Recht überbordende Applaus konnten nur durch eine Zugabe etwas beruhigt werden. Mit dem 3. Satz, Adagio molto aus dem dritten Streichquartett A-Dur op. 41/3, auch von Schumann, durfte auch der zweite Geiger Rainer Schmidt, als einziger kein Familienmitglied im Quartett, der seine fordernde Solopassage mit punktierten Terzgriffen tonschön und sauber intonierte, auf sich aufmerksam machen. Dagegen ist dieser, an die Tonsprache von Mendelssohn erinnernde Satz, nochmals für die Bratsche dankbar.
Dieses tolle Konzert machte große Lust auf die weiteren drei Termine in der Saison. Auch dann wird das Hagen Quartett jeweils zwei Quartette von Haydn mit einem anderen großen Werk kombinieren.