Konzerthaus Wien,
(c) Victoria Coeln

Nach einer intensiven und zugleich feinen Widergabe des B-Dur Quartetts op. 130 von Ludwig van Beethoven mit der abschließenden Großen Fuge op. 133 war eine Zugabe des Quatuor Ébène weder erforderlich noch wäre es passend gewesen. Dass dem Konzert des Ensembles dennoch nichts fehlte, meint Uwe Krusch und berichtet hier in Pizzicato.

In der Besetzung Pierre Colombet und Gabriel Le Magadure, Violine, Marie Chilemme, Viola sowie seit nunmehr einem Dreivierteljahr Yuya Okamoto als Cellist boten die vier ein Programm klassischer Werke mit dem von Beethoven, aber auch dem ebenfalls in B-Dur stehenden Quartett Hob. III/78 »Sonnenaufgang«, dem vierten aus Opus 76 von Joseph Haydn. Etwas ungewöhnlicher waren da die Three Divertimenti von Benjamin Britten, die zwischen den jungen und den reifen Quartetten des Engländers entstanden.

Gegenüber dem Konzert im März im Wiener Konzerthaus konnte man ganz allgemein eine deutlich gewachsene Einbindung des neuesten Mitglieds im Ensemble, des Cellisten Yuya Okamoto erleben. Zwar pflegte er immer noch einen recht hellen Klang für sein Instrument, aber das fiel nicht zum Nachteil auf. Vielmehr zeigte er eine gleichberechtigt eingebettete Spielweise, bei der seine hellere Note insofern positiv auffiel, als der Celloton nicht wie so oft ins Geschehen hineindrang, sondern einfach schön mit einfloss. Auch gelang die dynamische Einordnung im Quartett erwies sich nun als passend, so dass es wieder einen Zustand vier gleichberechtigter Partner zu hören gab.

Dieses kunstvolle Miteinander förderte im Kopfsatz vom Haydn Quartett etwa über dem Gang des Cellos eine von den drei anderen Interpreten gewölbte Harmonie hervor, die wie das gesamte Werk in einer konzentrierten, aber immer frei atmenden Weise dargeboten wurde. Den Reiz des zweiten Satzes, der allein von einem Motiv der ersten zwei Takte lebt, kosteten sie ebenso aus, wie sie auch das Scherzo ziseliert und nicht etwa vernuschelt präsentierten. Das Finale mit den sich ablösenden Stimmen, im ersten Durchlauf verzahnt mit dem jeweiligen Schluss- bzw. folgenden Anfangston und danach aufeinander folgend, wurde ebenso deutlich wie auch mit gestalterisch überzeugender Linie verwirklicht.

Die drei Divertimenti von Benjamin Britten ließen eine andere Spielart zu, die auch genutzt wurde. Mit ganz anderen fordernden technischen Finessen und auch modernerer Fraktur nutzen sie, um sich auch auf diese Weise darstellen zu können. In nur zehn Minuten bieten diese drei Stücke, am Ende seiner Studienzeit geschrieben, Einblicke in seine kompositorischen Fähigkeiten zu dieser Zeit.

Der ursprüngliche Titel PT für Physical Training, also Leibeserziehung, wurde in den heutigen verändert. Die Sätze charakterisieren Freunde aus seinem Leben. Neben einem ebenso markanten wie aus dem Tritt geratenen Marsch, wie man ihn ähnlich etwa auch in Minimax von Paul Hindemith finden kann, der auch augenzwinkernd daher humpelt, zeigten die Musiker den anmutig friedlichen Walzer, um dann mit einer energiegeladenen Burleske ihren Ausklang zu finden. Das Quatuor Ébène gestaltete diese Sätze mit Einfallsreichtum und Finesse und zeigte, dass es sich trotz der kleine Form um große Musik handelt.

Den zeitlich größten Anteil am Konzert hatte dann das schon erwähnte Quartett von Beethoven. Es gelang dem Quartett, die gewaltigen und gewichtigen Ecksätze ebenso souverän wie sorgfältig gestaltet zu spielen. Ihre Interpretation gab dem Werk Gewicht mit einer stark gestalteten, aber niemals überspitzt akzentuierten Form, so dass hier ein durchaus gefühlsstarker Komponist, aber kein vergrämter, zu erleben war. Den Beginn der vier kurzen Mittelsätze markierte das Scherzo, das sie als vorbeihuschende Erscheinung prägten und so eine besondere Stimmung erzeugten. Das uhrwerkartige des Andante con moto, wussten sie etwa mit der rhythmisch prägnanten Coda interessant zu beenden. Den Ländler Alla danza tedesca machten sie geschmackvoll zu einem maßvollen, nicht übertrieben dargestelltes dynamisches Wechselspiel und Schweller entstellten Satz bis hin zur durch die Instrumente wandernden Melodie in der Coda, die auch eine Prise Humor bot. Die Cavatina bot dem Primgeiger Gelegenheit, auf dem Beet des Streichtrios eine gesangsähnliche Linie zu gestalten.

Die abschließende Fuge, wegen der Länge und Sprödigkeit für Spieler und Zuhörende nach wie vor eine große Anforderung, kam in der Deutung des Quatuor Ébène zu einer verständlich erzählten und durchsichtigen Interpretation, die dem Satz seinen Schrecken nahm und trotzdem die Qualität der Komposition hervorhob.

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