Ende Januar diesen Jahres hatte das Quatuor Ebène mitgeteilt, dass Yuya Okamoto neu als Cellist zum Ensemble gekommen ist. Wie er sich im Konzert im Wiener Konzerthaus einfügte und was das Quartett spielte, berichtet Uwe Krusch für Pizzicato.
Den Einstieg machten sie mit dem ersten der Preußischen Quartette von Mozart, also dem Werk in D-Dur KV 575. Hier fiel vielleicht am deutlichsten auf, dass der jüngere Cellist sich noch ein wenig vorsichtig in das neue Umfeld hineintastete. Zwar hatte der Cellist im ersten Satz das Seitenthema in hoher Lage vorzutragen, aber sein Spielklang im gesamten Werk noch ein wenig zurückhaltend und sehr hell im Klang, so dass das Fundament der Musik wenig deutlich wurde. Nur bei seinen Soli agierte er selbstbewusst, dann aber ein wenig überpointiert und zu markant. Erst in den beiden folgenden Stücken, also bei Schnittke und Grieg, agierte Okamoto klangvoller und mit mehr Volumen, so dass der Rezensent in den beiden letzten Sätzen von Grieg insoweit die gemeinsame Linie der Vier erleben konnte.
Im Übrigen legten sie eine angemessene Deutung der Musik von Mozart vor. An diesem Abend schien es, als ob Primarius Pierre Colombet nicht seinen besten Abend erwischt hätte. Das bedeutete nicht, dass er im eigentlichen Sinne schlecht spielte, aber kleinere Unebenheiten waren zu erleben. Die beiden Mittelstimmen, der Geiger Gabriel Le Magadure und die Bratscherin Marie Chilemme waren die sichere und ausdrucksstarke Mitte des Quartetts, die durchgehend im Gesamtklang wie auch gerade die Bratschistin in den Soli klangschöne Beiträge boten.
Das dritte Quartett von Alfred Schnittke in drei ineinander übergehenden Sätzen, moderne Musik, aber auch schon 40 Jahre alt, zeigte ein Merkmal seiner Kompositionsweise, nämlich das Einflechten von traditionellen Elementen, also Zitaten früher Werke, in den eigenen Stil, so dass eine vielschichtige Musik zu hören war. Das Quatuor Ebene bot auch diese historischen Zitate, sonst aber eine modern aufgeraute Musik, in der dissonante Klänge ihren prominenten Platz hatten. Auch hier fiel die nicht ganz überzeugende Bogenführung des Primarius auf, die dazu führte, dass sein Ton nicht immer gehaltvoll klang. Jedenfalls wenn man an andere Geiger, wie Matthias Lingenfelder vom Auryn Quartett zurückdenkt, sind deutlich andere Möglichkeiten der Qualität erinnerlich.
Für den Programmabschluss zogen die Franzosen nach Norden und stellten das einzige vollendete Quartett von Edvard Hagerup Grieg zur Diskussion. Von der Interpretation her hatten sie das Werk gewissermaßen in den eleganten Konzertsaal geholt. Mit durchaus edlem Ton und feinem Schönklang servierten sie diese Komposition. Doch wenn man vom traditionellen formellen Aufbau des Werkes absieht, zieht es seinen Reiz aus dem „Unquartettmäßigen“, wie es Zeitgenossen formulierten. Damit waren die Stimmungsfaktoren, etwa auch durch die Einbeziehung volksmusikalischer Anklänge, gemeint. Diese schroffen Seiten ließ das Quatuor Ebene außen vor. Wie schon erwähnt, sie hatten das Werk in den Saal, um nicht Salon zu sagen, geholt. Das Unbändige und Überwältigende norwegischer Natur und die Lebenslust bäuerlicher Tanzfeste gingen in dieser eleganten Darstellung vom Charakter her völlig verloren. Da war nichts Mystisches oder Bedrohliches zu fühlen und auch kein Tanzbein regte sich.
Das Publikum im vollbesetzen Mozartsaal zeigte sich in der Mehrzahl begeistert. Gut, dafür dass es eine schön gepflegte Interpretation des Quartetts von Grieg gab, war das berechtigt. Nur ist dieses Werk eben nicht nur glatt fürs gut gewärmte Parkett poliert.