Konzerthaus Wien,
(c) Victoria Coeln

Uwe Krusch folgte für Pizzicato einem ungewöhnlichen Konzertabend, der im Zeichen verschieden besetzter Sonaten eines Komponisten stand und nicht das Programm an einer Besetzung ausrichtete. Den gesamten Abend über an den Tasten war Evgeny Kissin als Pianist tätig. Für die Cellosonate hatte sich Gautier Capuçon eingefunden, die Bratschensonate spielte Maxim Rysanov. Die Violine bei der für dieses Instrument komponierten Sonate ließ Gidon Kremer erklingen.

Das kürzeste Werk dieser drei, die Cellosonate, eröffnete den Abend. Gautier Capuçon und Evgeny Kissin schufen von Beginn an eine eng aufeinander abgestimmte und ausdrucksvoll gestaltete Version dieses Werkes. Bereits in diesem frühen Werk von Shostakovich wie auch den restlichen Abend gestaltete der Pianist seine Partien mit selten zu erlebender Intensität sowie Emotionalität und stilistisch perfekt. Dabei wusste Kissin die Musik mal feinsinnig, dann auch wieder markant, rhythmisch prägnant und vor allem musikalisch gestaltungsfreudig zu gestalten. Doch auch die virtuose Seite seines Spiels konnte er etwa in der umfangreichen Klavierpassage im Finalsatz der Violinsonate zeigen.

Evgeny Kissin
(c) Philharmonie Luxembourg

In der Cellosonate mit ihren vier sehr kontrastierenden Sätzen mit großer erzählerischer Kraft ist die Handschrift von Shostakovich schon klar ausgeprägt, obwohl er das Stück schon mit 28 Jahren komponierte. Kissin und Capuçon wussten sich bestens zu ergänzen. Im Largo etwa bewies Capuçon, wie die kantablen Fähigkeiten des Cellos ausgekostet werden können, wozu Kissin nur einen lichten zweistimmigen Satz zuzusteuern hatte. Im letzten Satz bewiesen sie ihr Können virtuos, sicherten aber auch die Eleganz dieser Abschnitt in klassischer Weise.

Gidon Kremer
Photo: Sasha Gusov

Es folgte die Violinsonate. Gidon Kremer, von seinen biografischen Daten etwa eine Generation älter als die Kollegen des Abends, konnte naturgemäß auf die längste Erfahrung seiner Laufbahn zurückblicken. Im achten Lebensjahrzehnt ein Streichinstrument immer noch so gestaltungsfreudig spielen zu können, ist schon eine außergewöhnliche Fähigkeit. Doch musste man auch Abstriche, wie bei der Qualität der Bogenführung feststellen. Man hatte fast den Eindruck, dass das Publikum, inklusive Patricia Kopatchinskaja, den Atem anhielt, um diese Situation nachzuvollziehen. Auch Kissin wirkte verhalten und sehr aufmerksam, um seine Rolle im Duo in enger Abstimmung ausführen zu können.

Trotzdem wurde die ganze Palette der Eigenschaften der Sonate deutlich. Von fast autistisch zu nennender Abkapselung bis zu explosionsartigen Ausbrüchen servierten die beiden großen Künstler asketisch reduzierte bis hin zu äußerst dichten Mitteln.

Auch in der am Ende erklingenden Bratschensonate tauchte der vom Komponisten gesetzte Tonfall der Einsamkeit und der Trauer wieder auf. Dafür fand Shostakovich in der Viola das passende Instrument. Rysanov setzte die Stimmung dementsprechend vom sparsam gesetzten Anfang in Begleitung eines ebenso einfachen Klaviersatzes um. Gegen Ende des Kopfsatzes wusste er seine Führung im Duo mit dissonanten Klängen, die an Beethovens Schicksalsmotiv erinnern, auszudrücken. Der zweite der nur drei Sätze wurde als Tanz ausgeführt, aber grotesk sarkastisch, nicht lebenslustig, was auch der Natur widersprochen hätte. Mit der Hommage an Beethoven schloss der dritte Satz und damit das Werk in reinem C-Dur, einem Art Lächeln unter Tränen. Die beiden Interpreten lösten diese emotional dichte Situation mit ihrem erleuchtenden Spiel zwar nicht auf, machten sie aber zu einem intensiven Erlebnis.

Damit setzen sie den Schlusspunkt an einem denkwürdigen Abend, bei dem hochpersönliche Musik von herausragenden Interpreten dargestellt wurde.

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