Beinahe neunzig Jahre hat Zubin Mehta erreicht. Jetzt fokussiert er sich auf einzelne Auftritte. Im rezenten Konzert im Wiener Konzerthaus leitete er die Wiener Philharmoniker. Als Solist kam ein weiterer Künstler reiferen Alters hinzu, der Geiger, Bratscher und Dirigent Pinchas Zukerman. Für Pizzicato erlebte Uwe Krusch einen Abend, der großartige Musik bot, aber auch ein wenig Wehmut.
Gleich zu Beginn traten beide Gäste gemeinsam mit dem Violinkonzert G-Dur KV 216 von Mozart auf. Zukerman, auch schon Jahrgang 1948, ist für einen noch aktiven Geiger schon vorgerückten Alters. Doch das für Streicher schon hohe Alter merkte man ihm nur geringfügig an. Mancher Ton erhielt nicht die Güte und Qualität, die man vielleicht bei so einem Künstler erwartet. Aber das waren Petitessen im Vergleich zu dem durchweg konzentriert und ausgefeilt vorgetragenen Solo. Zusammen mit Mehta und Orchester gestaltete Zukerman eine durchaus klassisch orientierte Interpretation. So bot die Wiedergabe als Überraschung vielleicht nur den Aspekt, dass sich Zukerman für die Kadenzen im ersten Satz die von Sam Franko, danach die von Daniel Barenboim zurecht gelegt hatte. Während Daniel Barenboim als allgemein bekannt gelten kann, ist das bei Sam Franko nicht unbedingt der Fall. Franko war ein u. a. noch bei Joseph Joachim und Henri Vieutemps ausgebildeter Geiger, der etwa Werke von Vivaldi und Pergolesi bearbeitete und auch Kadenzen schrieb. Die für Mozarts Konzert G-Dur KV 216 gehören zum Standard im Konzertrepertoire; trotzdem ist der Name kaum gegenwärtig.
Voller Agilität und entspannter Noblesse formte Zukerman seinen Solopart im sicheren Umfeld des von Mehta aufmerksam geleiteten Orchesters in kleinerer Besetzung. Alle Beteiligten fühlten sich miteinander wohl und erzeugten Momente voller Wohlklang.
Im zweiten Teil des Konzertes servierte Mehta mit dem dann die Bühnen füllenden Orchester die letzte, also neunte Symphonie von Anton Bruckner, wie er es schon vor gut drei Jahren mit einem anderen Orchester an verschiedenen Orten, auch im Wiener Konzerthaus, getan hatte. Seitdem ist er nicht jünger geworden. Während sich der Weg zum und vom Pult als mühsam erwies, entfaltete Mehta sitzend auf dem Pult jugendlich wirkende Kräfte und vor allem volle Konzentration.
Mit den Wiener Philharmonikern hatte er diesmal ein Ensemble an der Hand, das in allen Gruppen des Orchesters erstklassig besetzt ist. Das dem lieben Gott gewidmete Opus wusste er so zu leiten, dass er nach kleinen, aber nach wie vor genauen Armbewegungen diese Symphonie erklingen ließ. Auch hier auswendig dirigierend, dabei genau fokussiert und immer die erforderlichen Einsätze vermittelnd, entfaltete er eine kraftvolle, doch auch sorgsam dosierte Gestaltung dieses Symphonie.
Die Wiener Philharmoniker ließen sich von Mehta zu einem ebenso freudvollen wie sinnlichen Musizieren inspirieren, das die Werte der Musik bestens hob. So dargeboten, verzauberte die Stunde Musik das Publikum.
Die Musiker des Orchesters sowie mit stehenden Ovationen das Auditorium dankten dem Dirigenten für die wunderbaren Momente, vielleicht bei manchem auch mit der Frage im Hinterkopf, wie oft man einen Abend in dieser Besetzung wohl noch erleben können wird.