Konzerthaus Wien,
(c) Victoria Coeln

Daniel Harding war für den erkrankten Franz Welser-Möst eingesprungen, um den Auftritt des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks im Wiener Konzerthaus zu dirigieren. Das Programm musste angepasst werden, aber es blieb nach der Pause bei Werken von Richard Strauss, allerdings anderen. Vorher konnte wie geplant das 5. Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven mit dem Solisten Leif Ove Andsnes gespielt werden. Uwe Krusch hat für Pizzicato das Konzert verfolgt.

Schon der Einstieg in den Abend mit dem Konzert von Beethoven gelang allen Beteiligten mit einer überzeugenden Mischung aus romantischer Formung, heroischer Ausgestaltung und auch noch einer Prise stolzer Prägung. Doch bewahrten sie die Musik davor, pathetisch zu werden.

Das Spiel von Leif Ove Andsnes zeichnete sich durch viele Facetten aus. Schon sein eleganter wie auch gezielter Weg zum Flügel zeigte, dass er energisch und rhythmisch bereit war. Dieser mitgeteilte Elan führte zu seinem ebenso markanten wie auch perlend leichten Zugriff, der auch eine erfreuliche Portion Spontaneität vermittelte. Konzis in seinen Bewegungen widmete sich Andsnes dem Solopart. Dabei schuf er bereits im ersten Satz auch die dem Werk zugeschriebene heroische Komponente, ohne diese zu strapazieren. Gestützt wurde er dabei durch das wach und agil begleitende Orchester, das in makelloser Gemeinschaft mit dem Solisten seinen gegenübergestellten Part formte. Hier meinten einige Zuhörer schon, applaudieren zu müssen.

Im langsamen Satz zeichnete er mit ausgewogenen Gestaltungen auch eine eher emotionale oder besser kontemplative Seite mit seinem Spiel, bevor er im Finale die zwingende Unaufhaltsamkeit des Konzertes wieder aufnahm. Äußerst gelungene Phrasierungen und rhythmische Strukturierungen riefen die Aufmerksamkeit des beteiligten Orchesters ebenso wie die der Hörer hervor.

Leif Ove Andsnes
(c) Simon Fowler

Schließlich durfte das Publikum noch als Zugabe das Intermezzo E-Dur op. 116/6 von Johannes Brahms erleben. Dabei führte Andsnes dieses bittersüße, nostalgisch anmutende Intermezzo in den ineinander verwobenen melodischen Linien wie ein Gespräch dialogisch aus.

Statt der Sinfonia domestica folgten im zweiten Konzertteil drei Werke von Richard Strauß, nämlich Tod und Verklärung, Don Juan und der Tanz der sieben Schleier aus der Oper Salome. Hier konnten sich das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und der Dirigent Daniel Harding ganz auf ihr Miteinander konzentrieren. Vielleicht war ich ja ein bisschen neugierig oder skeptisch, da mir Daniel Harding bisher nicht als Richard Strauss Dirigent aufgefallen war.

Tod und Verklärung ist eine der Tondichtungen von Strauss, in der Drama und Vergeistigung aufs Engste verquickt sind. Auch für einen Dirigenten wie Harding ergab sich damit die Herausforderung, die Relation zwischen diesen beiden Polen zu finden, was nicht ganz einfach ist. Harding formte eine spannende Interpretation, die vom Mysterium des Beginns über den Mittelteil, der die dramatische Seite zeigt, bis hin zum verklärenden Ende reichte. Die Beteiligten erreichten es, das von einem langen Atem durchzogene Werk, sich von Höhepunkt zu Höhepunkt hangelnd und immer den Blick auf das Wesentliche richtend, mit der Leidenschaftlichkeit dieser Tondichtung zu kombinieren.

Daniel Harding
(c) Julian Hargreaves

Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks setzte das Dirigat mit intensivem Engagement um. Bei diesem Orchester konnte man die Beteiligung, vor allen in den Streicherreihen vorn an der Bühnenkante sehen, da die Musiker nicht nur an den ersten Pulten auch mit intensiver körperlich bewegter Begleitung der Musik folgten. Da sieht man viele andere Ensembles, bei denen optisch die Beamten den Ton abliefern. Doch natürlich zählte noch mehr das klangliche Ergebnis und das war ebenfalls überwältigend. Bei diesem Orchester kann man sich eigentlich kurz fassen, bewältiget es doch üblicherweise in allen Orchestergruppen und bei allen Orchestersolisten seine Konzerte grandios. Gerade bei den Kompositionen von Richard Strauss kann es seine Klangopulenz überwältigend ausspielen. Wenn der Begriff nicht so negativ belegt wäre, könnte man fast von einem Tsunami reden, der von der Bühne über das Publikum schwappt.

Die lyrische wie leidenschaftliche Expressivität und die farbigen Liebeszenen wurden auch bei Don Juan verwirklicht, wo zwischen Lust und Sensualität packend realisiert wurde. Den Abschluss bot die fulminante und gestische Interpretation des Schleiertanzes aus Salome, in der auch das Sensuelle dieser aparten Klangkonfiguration zum Tragen kam.

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