Uwe Krusch hörte viele Konzerte des Orchestre Philharmonic du Luxembourg in dessen Heimatsaal, der Philharmonie Luxembourg. Nach der Umbenennung in Luxembourg Philharmonic erlebte er nun das erste Konzert des Ensembles außerhalb, nämlich im Wiener Konzerthaus. Mit der Solistin Vivi Vassileva, Perkussion, und dem noch amtierenden Chef Gustavo Gimeno boten sie ein nur auf den ersten Blick normales Programm an.
Zur Eröffnung erklang The Unanswered Question (Two Contemplations Nr. 1) von Charles Ives in der ersten Fassung von 1908. Die Streicher, die gemäß Partitur eigentlich in einiger Entfernung zu positionieren sind, waren insofern weit weg, als sie hinter den am Bühnenrand aufgebauten Schlagzeuginstrumenten teilweise versteckt waren. Von der Empore des Saals erklangen dann die Solotrompete mit ihrer musikalischen Frage und die Flötengruppe mit den variierenden Antwortversuchen. Gimeno hielt mit leichter Hand die Beteiligten zusammen.
Mit einem Auftragswerk von Luxemburg Philharmonic sowie Wiener Konzerthaus und als Drittem im Bunde dem Beethoven Orchester Bonn wurde ‘A Savage Beat. Konzert für Percussion und Orchester’ in der Erstaufführung vor Ort vorgestellt. Der finnische Komponist Sauli Zinovjev hatte das gut halbstündige Stück für Perkussionsinstrumente in sechs Sätzen geformt. Ebenso wurden die Perkussionsinstrumente in verschiedenen Gruppen auf der Bühnen angeordnet und nicht nur von der Solistin, sondern ergänzend von einem Paukisten und zwei Perkussionisten gespielt. Das ansonsten weitgehend in normaler Größe besetzte Orchester ergänzte diese Aufstellung.
Die Eigenheit dieser Soloinstrumentengruppe, deren Lautstärkeentfaltung und Kraft einem meisten einfällt, nutzte Zinovjev, um davon ausgehend eine rhythmisch variable Entfaltung zu generieren. Dabei entwickelte sich von einem Handtrommelsolo aus ein weite Palette bis hin zu den großen Taiko-Trommeln aus Japan.
Die Solistin Vivi Vassileva nutzte die Möglichkeiten des Werkes, um sich immer lächelnd und charmant bewegend alle perkussiven Reize auszuspielen. Dabei demonstrierte sie sowohl Beherrschung wie auch gestalterische Intelligenz, um den Solopart erlebbar zu machen. Zwischen sensiblem Spiel mit dem Vibraphon und Bauch und Zwerchfell reizendem Donner bot sie die reiche Palette der variablen und vielseitigen Effekte dieser reichen Instrumentenfamilie auf. Dabei agierte sie mit Leichtigkeit sowohl am jeweiligen Instrument wie auch zwischen den verschiedenen Gruppen des Schlagwerks.
So eine Komposition in einer derart feurigen Interpretation zog das Auditorium unweigerlich in seinen Bann. Vivi Vassileva konnte sich dem starken anhaltenden Applaus nur mit einer Zugabe entziehen. Von Johann Sebastian Bach ließ sie Menuett I und II aus der Suite Nr. 1 in G-Dur BWV 1007, original für Violoncello solo geschrieben, auf dem Marimbaphon erklingen.
Bei der Lektüre des gedruckten Abendprogramms hatte sich vor der Pause eine große Verwunderung eingestellt, gab doch der Text den Hinweis, dass die folgende 15. Symphonie von Dmitri Shostakovich in einer Fassung für Klaviertrio und Schlagwerk erklingen würde. Das stellte sich dann glücklicherweise als editorischer Lapsus heraus. Denn es wäre verwunderlich gewesen, ein großes Orchester einzuladen und Kammermusik spielen zu lassen. Obwohl, die Symphonie Nr. 15 von Shostakovich, ist ein sehr fein und kammermusikalisch geschriebenes Werk. Es erfordert zwar ein groß besetztes Orchester, nutzt diese Auswahl aber vielfach nur in kleiner Besetzung, so dass eine Vielzahl von Sequenzen die Dreiviertelstunde erfüllte.
Gimeno, ursprünglich selber Schlagzeuger, konnte so mit dem Perkussionswerk und dieser Symphonie seine strukturelle Arbeit bestens präsentieren. Dabei ließen die satten Blechbläser, die formidablen Holzbläser und die eloquenten Streicher auf hohem Niveau die Symphonie erstrahlen. Cellist Georgi Anichenko und Konzertmeisterin Seehoe Min hatten satte Möglichkeiten, solistisch hervorzutreten, die sie zu nutzen wussten.
Auch nach dieser Darbietung ließ nur eine weitere Zugabe den Applaus abebben. Nochmals mit Shostakovich schloss der Abend, mit dem Lyrischen Walzer aus der ersten Ballett-Suite.