Der Auftritt des Minetti Quartetts im Wiener Konzerthaus bot Kammermusik, wie zu erwarten. Dass die Erweiterung um den Pianisten Kit Armstrong sozusagen auch symphonische Elemente mit sich brachte, kann Uwe Krusch als Mitarbeiter für Pizzicato berichten.
Die Auswahl von Werken für einen Quartettabend bietet wegen der reichhaltigen Auswahl an Werken immer wieder Besonderheiten auch im eigentlich bekannten Feld. Mit dem als Kaiserquartett bekannten Werk in C-Dur aus der Gruppe der Erdödy-Quartette hatte das Minetti Quartett allerdings ein insoweit geläufiges Stück an den Anfang gesetzt. Auch hier schon hochkonzentriert boten die vier als Ensemble seit zwanzig Jahren in Wien ansässigen Musiker eine gehaltvolle runde Widergabe. Auf strukturelle Formung und optimalen Zusammenhalt gerichtet lag ihr erster Fokus nicht auf der Klangschönheit bei der Tongenerierung. Sicher ließ ihre Intonation keine Wünsche offen und rundum betrachtet gelang eine schöne Darstellung, die sich hören ließ. Aber sie löste auch keine Begeisterung aus, wie man am freundlich zurückhaltenden Applaus merken konnte. Bravorufe kamen erst später.
An zweiter Stelle stand ein weniger häufig gespieltes Werk, das allein schon wegen seiner Kürze mit 13 Minuten gern einmal durchs Programmierungsraster fällt. Das trauerumflorte Werk siebte Quartett von Shostakovich, auch als Grab für seine verstorbene erste Frau gehört, wurde in der Interpretation des Minetti Quartetts noch trügerisch leicht eröffnet, bevor es seine düstere Atmosphäre entfalten konnte. Die Minettis schafften es eindringlich, die Stimmungen des Werkes mit großer Intensität und versiertem Können zu entfalten. Auch erschien es so, dass hier neben den anderen Aspekten die Schönheit der Tongebung einen größeren Wert spielte. So formten sie in werkbedingter Kürze eine beeindruckend sensibel ausgehorchte Version, die neben stürmischem Applaus auch erste Bravorufe evozierte.
Bei den Quintetten mit Klavier als weiterem Partner für ein Streichquartett fällt den meisten das Werk von Edward Elgar eher nicht als erstes ein. Mit drei Sätzen in den zeitlichen Ausmaßen anderer Quintette muss es sich nicht verstecken. Kit Armstrong durfte gleich zu Beginn mit der choralartigen Linie seine pianistischen Fähigkeiten darlegen, die im weiteren Verlauf noch stärker gefragt waren. Die dazu geisterhaften Einwürfe der Streicher mochten noch verdecken, weil eine immense Wucht sie später entfalten würden. Bereits das folgende Allegro zeigte mit gnadenloser Unbarmherzigkeit die intensive Seite der Musik. Sehnsüchtige Klänge der Viola, hier vom selbstverliebt wirkenden Milan Milojicic ausdrucksstark vorgetragen, leiteten zum Finalsatz über. Der zeigte noch mal mit Material auf den Eingangssatz zurückgreifend, die geschlossene Form des Werks, bevor erst das abschließende A-Dur die düstere Stimmung des Anfangs auflöste. Armstrong schaffte es mit leicht wirkender Hand, den Klavierpart achtungsgebietend zu gestalten. Gleichzeitig fügte er sich mit aufmerksamer Hinwendung den vier beteiligten Streichern zu, um den gemeinsamen Weg bestens abgestimmt zu beschreiten.
Kit Armstrong und das Minetti Quartett hatten zwar über größere Strecken abwechselnd ihre Parts vorzutragen, doch gab es auch genügend Möglichkeiten, das Zusammenspiel zu zeigen. Das nutzten die fünf Beteiligten mit umwerfen engagiertem Spiel und tiefschürfender Zuwendung, um diese sehr eigenwillige und nicht so einfach zugängliche Komposition zu einer so fulminanten Darstellung zu führen, dass sie ihren Charakter dann doch einnehmend aufscheinen ließ. So präsentierten sie partiell in beinahe symphonisch wirkender Intensität das Stück. Dabei konnten beide Seiten, Streicher und Klavier, sich gleich stark, sowohl in der Qualität der Darbietung wie auch der Stärke des Tons zeigen. Man konnte eher Angst haben, ob sich hier das Klavier gegen die Streicher behaupten kann, wo diese Frage normalerweise eher anders herum gehört wird. Doch dazu kam es bei weitem nicht. Die beiden Parteien, Quartett und Piano, blieben sich in gleichwertiger Treu verbunden.
Der nochmals intensivere Applaus forderte eine Zugabe heraus. In der Tonart A-Dur des Schlusses von Elgar bleibend boten die Künstler das Scherzo aus dem Quintett von Antonin Dvorak als ansprechend gespielten Rausschmeißer.