Ein ungewöhnliches Programm boten die Wiener Symphoniker am kürzlich zu hörenden Abend im Wiener Konzerthaus. Uwe Krusch war für Pizzicato dabei.
Mit einem kurzen Werk öffnete jeweils eine Halbzeit, dem je ein großes folgte. Und die Symphoniker waren nicht allein gekommen, sondern hatten vier Gesangssolisten, nämlich die Sopranistin Louise Alder, die Altistin Sophie Harmsen, den Tenor Simon Bode und den Bass Christof Fischesser mitgebracht. Außerdem bildete die Wiener Singakademie im ersten Teil das Rückgrat des Orchesters. Die Leitung hatte ein weiterer Gast, der griechische Dirigent Constantinos Carydis.
Und einen Instrumentalsolisten hatten die Geschicke auch noch eingebunden. Robert Kovács eröffnete den zweiten Teil des Abends mit dem Perger Präludium von Anton Bruckner. Dabei handelt es sich um ein nur zweiminütiges Stück in C-Dur, mit dem Kovács auf der Orgel allein zu hören war. Vorher schon hatte er im Te Deum von Bruckner mitgeholfen, dieses Werk zu einer glänzenden Aufführung zu bringen. Carydis wusste mit seinem sehr exakten, aber deswegen nicht blutleer mechanischen Dirigat die Beteiligten zu einem angeregten Musizieren zu animieren. Bis in feine Verästelungen durchdrungene kammermusikalisch angelegte Komponenten wechselten sich mit groß aufgespielten voll besetzten Ausdrucksmomenten ab. Dabei hielt Carydis die Kräfte so im Lot, dass er immer einen strukturierten Klang erzeugen konnte, der keine Unklarheiten zuließ.
Die vier Stimmsolisten konnten sich in den Solopartien durch klare Artikulation und reizvoll vorgebrachte Gesangslinien profilieren. Mit ihren Beiträgen machten sie deutlich, wie Bruckner diesen Lobgesang, den er Gott widmete, verstanden haben wollte. Doch noch mehr glänzte der von Heinz Ferlesch glänzend eingestellte Chor, die Wiener Singakademie. Mit exzellent präsentem und mitschwebendem Einsatz boten die etwas 100 Sänger eine stupende Leistung, die zusammen mit den anderen Beteiligten das Te Deum zum ersten Höhepunkt des Abends führte.
Ganz am Anfang des Konzertes hatten ausgewählte Streicher die Streichorchesterversion des Werkes Psalom von Arvo Pärt dargeboten. Dieses nach dem 113. (bzw. 112) Psalm ausgerichtete kurze Stück bietet in neun Versen, die jeweils durch deutliche Pausen getrennt sind, ein Musterbeispiel des von Pärt gepflegten Tintinnabuli Stils. Einstimmige Passagen für unbetonte Textteil wechseln sich darin mit betonten, bei denen die Terz hinzutritt, ab. Diese Komposition mag in einem kleineren Saal eine noch größere Intensität entfalten.
Das Orchester allein widmete sich am Ende der Episode aus dem Leben eines Artisten. Damit war nicht das eigene Ensembleleben gemeint, sondern die als Symphonie fantastique bekannte Komposition von Hektor Berlioz. In diesen fünf Teilen zeigten die Symphoniker und Carydis durchaus unterschiedliche Welten auf. Während der erste Teil, Traumbilder und Leidenschaft betitelt, schon einige aufwühlende Passagen deutlich werden ließ, zeigte Carydis Auf dem Balle und Auf dem Lande sich in großen durchaus auch zarten und unbeschwerten Linien entwickelnde Musik. Gerade Auf dem Balle wurde in einem zwar singenden und fröhlichen, aber nicht übermütigen oder gar entgleisenden Licht gezeigt. Mit seinem entspannten pastoralen Charakter an die sechste Symphonie Beethovens erinnernd, wurde Auf dem Lande zu einer glückvollen Landpartie.
Erst in den beiden abschließenden Sätzen, Der Gang zum Richtplatz und Walpurgis Nachts Traum, ließen Carydis und die Wiener Symphoniker den orchestralen Kräften ihren Lauf, ohne deswegen im Chaos zu enden. Vielmehr formten sie zielgerichtet die Steigerungen und Entspannungen. Dank der großen Besetzung, ergänzt um Ferninstrumente, wurde es möglich, diese Komposition zu einem für das Publikum reizvollen grandiosen Abschluss zu kulminieren. Dieses Ergebnis spiegelte sich auch im Dank des Orchesters an den Dirigenten, was man bei den Wiener Symphonikern nicht so oft erlebt.