Die Auswahl der hier eingespielten Werke weckt Aufmerksamkeit und Interesse. Ob die junge, in Tokio geborene und jetzt an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt unterrichtende Nami Ejiri wohl mit diesen hochsensiblen und komplexen Spätwerken des Wiener Genies zu Rande kommt? Das ist die Frage, die man sich unwillkürlich stellt, und es ist schon eine Leistung, dass die Pianistin nicht versucht, die Werke für eine Selbstdarstellung zu benutzen, sondern diese mit Bescheidenheit und Unvoreingenommenheit angeht. So wird ihre Deutung des mehr und mehr Aufmerksamkeit findenden Allegrettos in c-Moll, D. 915 zu einem Erlebnis. Derart unprätentiös und unangestrengt, zugleich so selbstverständlich und ausdrucksintensiv hat man die Dur-Moll-Wechsel des Werkes nur selten gehört.
Auch die berühmten Impromptus D. 899 erklingen mit viel Wissen um den inneren Zusammenhang dieser Viererreihe von Kostbarkeiten. Die Pianistin lässt die Musik nicht mit großer Geste zu Pathos verkommen, sondern lässt sie ruhig fließen. Der ungemein feine Anschlag, aber vor allem die vielschichtigen Gestaltungsnuancen, bis in die subtilen Stillen hinein, geben der Musik eine Durchsichtigkeit und Intensität, wie man sie in letzter Zeit nur selten gehört hat. In ihrer Natürlichkeit erinnern mich Nami Ejiris Interpretationen an die von Rudolf Buchbinder: beide verbindet ein gleicher Duktus, ein gleicher unvoreingenommener Dienst an herrlicher Musik. Vielleicht aber sind die Zurückhaltung und Bescheidenheit der Pianistin etwas zu groß in der Gestaltung des letzten Schubertschen Sonaten-Meisterwerks, der B-Dur-Sonate D. 960. Für mich geht Nami Ejiri sie zu zögerlich an; dadurch kommt das Molto moderato nicht ganz zu seiner gespannten Eindringlichkeit. Überzeugender ist das Andante sostenuto. Hier lotst die Interpretin das Einzigartige der Musik mit warmem Spiel schon bis zu einer beachtlichen Tiefe aus und zeigt, dass sie dabei ist, sich dieses unfassbare Meisterwerk auf sehr persönliche Art zueigen zu machen. Im Finale bestätigt Nami Ejiri, dass wir es mit einer Pianistin zu tun haben, für die nicht der äußere Effekt, sondern allein die innere Wahrheit der Musik zählt.
With her subtle and natural playing, Nami Ejiri is very much at ease in this Schubert program.