In der Heilig-Kreuz-Kirche in Wroclaw, Polen, wurde gestern Abend das vom Nationalen Musikforum der Stadt organisierte 54. Festival Wratislavia Cantans eröffnet. Remy Franck war für Pizzicato dabei.
Die unter dem Thema ‘Süden’ stehenden Festspiele starteten mit einem Konzert des Coptic Orthodox Church Choir of Sacred Music aus Kairo unter der Leitung von Michael Ghattas, der am Institut für Koptologie für die Musikausbildung zuständig ist. Er brachte Seminaristen, Priester, Diakone und Kantoren in einem Chor zusammen, der in der orthodoxen koptischen Kathedrale von Kairo für die großen Feiertage singt und auch Tourneen ins Ausland macht.
Das Konzert bot ein Panorama feierlicher Hymnen. Die meisten von ihnen wurden in Koptisch gesungen, der liturgischen Sprache, die aus dem Altägyptischen abgeleitet ist. Die Hymnen der alten Ägypter wurden in der Tat mit christlichen Texten neu besungen. Die koptische Musik ist ausschließlich religiös und erklingt vorwiegend während Messen oder anderen liturgischen Diensten.
Die an sich wenig abwechslungsreichen koptischen Hymen, die beim Konzert erklangen, sind seit der Antike nahezu unverändert geblieben. Sie sind auf wenigen Tönen aufgebaut und verlangen von den Sängern durch das Anhalten der Töne eine große Konzentration. Die Hymnen wurden von einer Laute und zum Teil auch von Schlagwerk begleitet – einem Dreieck und kleinen Zimbeln, den sogenannten Crotales. Das ergab einen sehr charakteristischen Klang mit einem beeindruckenden Gewirr von Rhythmen. Hinzu kam der Eindruck von dem westlichen Publikum weitgehend unbekannten Nuancen der Tonhöhe, weil die Kopten in Mikrotönen singen und den Gesang mit langen und komplexen vokalisierten Silben verzieren.
Diese ungewöhnliche orientalische Musik erlaubte es dem Publikum somit, eine Reise ins alte Ägypten zu unternehmen, mit einer Musiktradition, die mehrere tausend Jahre alt ist.