Bei dieser Aufnahme aus dem Jahre 1959 handelt es sich um eine der allerersten kompletten Einspielungen von Hugo Wolfs ‘Italienischem Liederbuch’. Knapp ein Jahr vorher hatte Deutsche Grammophon das Werk mit Irmgard Seefried und Dietrich Fischer-Dieskau aufgenommen, allerdings mit zwei verschiedenen Pianisten (Demus bei Fischer-Dieskau, Werba bei Seefried). Es war eine richtungsweisende Aufnahme, die andere Wege der Liedinterpretation zeigte und sich durch eine ‘neue Klarheit und Empathie’ deutlich von dem alten Stil abwandte. Wie dieser alte Stil geklungen hat, das erfährt der interessierte Hörer in der von Hänssler veröffentlichten Aufnahme mit Erna Berger und Hermann Prey.
Die immer noch sehr mädchenhaft wirkende Berger war damals schon 59 Jahre alt und stand am Ende ihrer Karriere. Ihr Gesang ist immer noch von einer beeindruckenden Leuchtkraft, der kunstvoller, manierierter Vortragsstil aber für heutige Hörgewohnheiten einfach überlebt. Hermann Prey dagegen stand mit seinen 30 Jahren erst am Beginn einer sehr vielseitigen Karriere und schon damals war sein Gesang durch einen eher hemdsärmeligen und volkstümlichen Interpretationscharakter definiert. Berger und Prey sind demnach alles andere als ein ideales Duo für diesen Liederzyklus, der in dieser Interpretation keinem Vergleich mit anderen Solisten standhält.
Auch Schumanns ‘Frauenliebe und Leben’ (mit Berger), sowie die ‘Vier ernsten Gesänge’ von Johannes Brahms und weitere Lieder und Balladen von Mendelssohn-Bartholdy, Schubert, Grieg, Wolf und Loewe (alle mit Prey) können aus heutiger Sicht nicht wirklich überzeugen. Alle hier begleitenden Pianisten (Günther Weissenborn im Italienischen Liederbuch) sind zweite Wahl, ausgenommen Michael Raucheisen bei einigen Schubert-, Wolf- und Loewe-Liedern.
Dieses Album muss daher als das angesehen werden, was es ist und sein soll: ein historisches Dokument für Sammler.