Anton Bruckner: Symphonie 9 (vervollständigt von G. Schaller); Philharmonie Festiva, Gerhard Schaller; 2 CDs Profil PH16089, Aufnahme 07/2016, Veröffentlichung 11/2016 (84‘37) – Rezension von Uwe Krusch

Mit der Aufnahme der Neunten Symphonie von Bruckner bietet Gerd Schaller mit der ‘Philharmonie Festiva’ nicht nur die Fortsetzung seiner Einspielungen des symphonischen Werks an, sondern mit seiner Komposition des von Bruckner selber nur in Skizzen überlieferten vierten Satzes eine spannende Auseinandersetzung mit diesen Entwürfen.

Die anderen Aufnahmen der Reihe haben an dieser Stelle vereinzelt nur ein ‘na ja’, meistens jedoch positive Reaktionen bis hin zu einem ‘Supersonic’ geerntet. Mit dieser Aufnahme wird die Serie um ein weiteres Exemplar der positiven Ergebnisse erweitert.

In den bekannten drei Sätzen, auch hier ein Konzertmitschnitt aus der akustisch schwierigen Abteikirche Ebrach, werden wiederum die weicheren Seiten bevorzugt. So klingen beispielsweise die Pizzicati im zweiten Satz wie Streicheleinheiten. Andere zücken hier beeindruckend den spitzen Dolch. Aber vielleicht ist die weichere Lesart ja in Wirklichkeit diejenige, die dieser Gott gewidmeten Symphonie angemessener ist.

Dem ausgezeichneten Orchester scheint ganz am Ende des ersten Satzes eine kleine Schwäche der Balance zu unterlaufen, aber vielleicht ist das nur der Raumakustik des ansonsten technisch gelungenen Mitschnitts geschuldet.

Als unerhört, da es sich bei der Aufnahme um die Uraufführung des vom Dirigenten rekonstruierten vierten Satzes handelt, ist der Abschluss zwar wortwörtlich, aber nicht im übertragenen Sinne zu verstehen. Die jahrelange Auseinandersetzung von Schaller mit den anderen symphonischen Werken Bruckners und seine intensive Recherche anhand aller verfügbaren, auch verworfenen und wiedergefundenen Materialien zu diesem Satz hat ihm sicher eine fantastische Ausgangslage verschafft. Andererseits hat Bruckner immer wieder selbst Überarbeitungen seiner früheren Werke vorgenommen. Deshalb kann dieser Vorschlag der Vervollständigung immer nur eine möglichst naheliegende Deutung sein. Dennoch kann man sagen, dass ihm größtenteils eine an der Stilistik des Meisters aus St. Florian orientierte und einleuchtende Deutung gelungen ist. Nicht nur an Bruckners Musik Interessierte sollten sich diese Ansicht anhören.

Bruckner’s Ninth Symphony in a version comprising a completed fourth movement, composed by the conductor Gerd Schaller, is presented here in one overall appealing performance.

 

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