Da György Ligeti ein drittes und sogar ein viertes Quartett nur bis zu einem gewissen Grade in einem Entwurfsstadium verwirklicht hat, beschränkt sich sein diesbezügliches Schaffen auf zwei Quartette und noch zwei Sätze, die als Andante und Allegretto zusammen geführt werden. Doch die Fokussierung scheint umso mehr Anforderungen jeglicher Art an mögliche Interpreten zu stellen. Dabei geben sich die Quartette als wilde und geradezu abenteuerlustige Gebilde, vor allem das zweite Quartett. Die beiden Sätze, seine Examensarbeiten an der Franz Liszt Akademie in Budapest, dagegen strahlen Ruhe aus und bilden den Mittelpunkt der CD.
Das Quatuor Diotima hat sich an diesen so herausfordernden und eigenwilligen Kosmos auch wegen dessen musikgeschichtlicher Bedeutung lange nicht mit einer Aufnahme herangewagt. Jetzt gibt das Quartett sein Debüt beim Label Pentatone mit diesen Stücken. Die frühe Examensarbeit der beiden Sätze nutzen die vier Musiker, um eine Ruhezone zwischen den beiden vollständigen Quartetten zu schaffen, die auch dem Hörer die Aufnahmebereitschaft vermittelt, wieder zuzuhören.
Bei den beiden Hauptwerken bieten sie mit einem kristallin krispen Klangbild eine auf heutige Ohren zugeschnittene Neueinspielung, die die Strukturen der beiden Stücke ebenso sinnfällig wie schonungslos offen legt. Dabei lassen sie dennoch die Reminiszenzen beim ersten Quartett an Bartók und damit die Volksmusik in nostalgischen Momenten anklingen zu lassen. In einem langen Satz verfasst, schaffen die vier es, dieser Komposition alle Facetten von verdreht bis zu versonnen abwesend heraus zu kitzeln.
Dies erfordert die Bereitschaft der Aufführenden, Risiken einzugehen und bei der Intensität keine Abstriche zu machen. Das gelingt dem Quatuor Diotima einfühlsam, da sie sich in die Interpretation hineingekniet haben und sich in der Gewissheit ihres herausragenden Könnens nicht scheuen, alles aus sich herauszuholen.
Die Brüche und Extreme mögen beim zweiten Quartett noch größer sein, zeigt es doch in fünf Teilen Studien über Bewegung, die Kontraste geradezu anhäufen. Hier überbieten die Musiker sich selbst mit gegenseitiger instrumentaler Inspiration und Beeinflussung, um so zu einer raffinierten Gemeinsamkeit zu finden, die nur eine geradezu blind funktionierende Partnerschaft hervorbringen kann. So gelangen sie zu einer stürmischen Lesung des Quartetts, die trotzdem keine unangebrachten Ausbrüche, sondern gestalterische Weitsicht offenbart.
Since György Ligeti realized a third and even a fourth quartet only up to a certain degree in a draft stage, his work in this respect is limited to two quartets and two more movements, which are brought together as Andante and Allegretto. But the focus seems to make all the more demands of any kind on possible interpreters. The quartets are wild and adventurous, especially the second quartet. In contrast, the two movements, his examination works at the Franz Liszt Academy in Budapest, radiate calm and form the center of the CD.
Quatuor Diotima has not dared to record this challenging and idiosyncratic cosmos for a long time, not least because of its significance for music history. Now the quartet makes its debut on the Pentatone label with these pieces. The four musicians use the early examination work of the two movements to create a quiet zone between the two complete quartets, which also gives the listener the receptivity to listen again.
In the case of the two main works, they offer a crystalline, crisp sound image in a new recording tailored to today’s ears, which reveals the structures of the two pieces as strikingly as it does unsparingly. Yet they still allow the reminiscences in the first quartet to echo Bartók and thus folk music in nostalgic moments. Written in one long movement, the four manage to tease out all facets of this composition from twisted to pensively absent.
This requires a willingness on the part of the performers to take risks and not compromise on intensity. The Quatuor Diotima succeeds empathetically, as they have knuckled down to the interpretation and are not afraid to go all out in the certainty of their outstanding ability.
The breaks and extremes may be even greater in the second quartet. After all, it presents studies of movement in five parts that virtually pile up contrasts. Here the musicians outdo themselves with mutual instrumental inspiration and influence, finding a refined commonality that only an almost blindly functioning partnership can produce. Thus they arrive at a stormy reading of the quartet that nevertheless reveals no misplaced outbursts, but rather creative foresight.