Johannes Brahms: Violinsonaten Nr. 1-3 op. 78, 100, 108; Corey Cerovsek, Violine, Paavali Jumppanen, Klavier; 1 CD Milanollo; 3/13 (63') – Rezension von Remy Franck
Gleich zwei Neuaufnahmen der Violinsonaten von Johannes Brahms liegen uns vor, zwei sehr unterschiedliche Interpretationen, und beide können begeistern.
Corey Cerovsek, Violine, und Paavali Jumppanen, Klavier, die 2008 mit den Beethoven-Sonaten den ‘Pizzicato-Supersonic’ und den ‘MIDEM Classical Award’ bekommen hatten, stellen einmal mehr ihre Fähigkeit zu einem wunderbar ausgewogenen Dialog sowie die Homogenität ihres Zusammenspiels unter Beweis.
Doch anders als bei Beethoven gibt es hier nichts Zupackendes, kein Vorwärtsdrängen. Geblieben ist nur die federnde Leichtigkeit des Vortrags. Hier ist es der Lyrismus, der dominiert: Dieser Brahms ist ein einstündiger Gesang mit viel Innigkeit und auch etwas Leidenschaft, aber nur wenn es denn wirklich sein muss. Introspektiv, feinfühlig, spirituell, reflektiv, das sind die Merkmale, die einem in den Sinn kommen, wenn man sich diese CD anhört. Man muss schon bis zum Finale der 3. Sonate warten, um etwas mehr Kraft zu spüren. Und dennoch sind wir weit entfernt von der Gestaltungsphantasie, mit der Kavakos und Wang diesen Satz gestalten.
Die Chinesin und der Grieche bleiben zwar den Sonaten nichts an Lyrismus schuldig, wo er notwendig ist, aber ihr Brahms ist viel kontrastreicher als der des kanadisch-finnischen Duos, feingliedriger auch und sehr klar formuliert. Wo es nur möglich ist, wird ihr Brahms ungestüm. Und so stehen hier die wunderbar ‘lyrischen Stücke’ von Cerovsek-Jumppanen drei ‘Virtuosensonaten’ gegenüber, in denen Kavakos mit einer seiner großen Ausdrucksvielfalt und Yuja Wang mit viel Klarheit in ihrem Klavierspiel faszinieren.
Das Erstaunliche am Vergleich ist letzten Endes die Spieldauer. Ich war mir sicher, dass Kavakos und Wang um einiges schneller seien als Cerovsek-Jumppanen. Weit gefehlt! Es ist genau umgekehrt. So kann die Dynamik die Einschätzung der Tempi fälschen!
Here we have two beautiful, though pretty different recordings of the three Violin Sonatas by Johannes Brahms. Cerovsek-Jumppanen are very lyrical, very introspective and emotional, while Kavakos-Wang present the music in a more differentiated way, full of contrasts.