Mit einer fulminanten Wiedergabe des Ersten Klavierkonzerts von Dmitri Shostakovich beginnt diese CD. Boris Giltburg brilliert in den Ecksätzen mit fieberhafter Virtuosität und fasziniert mit abrupten Stimmungsschwankungen. Er lässt das Grollen beängstigend werden, und die hohen Töne ziseliert er präzise wie ein Lasergerät. Dabei erschließen sich die chromatischen Veränderungen in ihrer ganzen Vielschichtigkeit, und der Hörer entdeckt unerwartete Perspektiven und Nuancen.
Die beiden Mittelsätze werden, das Lento schwebend, das Moderato stockend vorgetragen, Energie aufstauend, die im Finale losgelassen wird. Petrenko und das Orchester aus Liverpool sowie dessen Solotrompeter Rhys Owens verwachsen mit dem Pianisten und geben der Musik den nötigen Feinschliff.
Das Klavierkonzert Nr. 2, Shostakovichs Sohn Maxim zum 19. Geburtstag geschenkt, ist unbeschwerter als das Erste, es hat bei allem jugendlichen Schwung auch viel Nonchalance und im langsamen Satz die Nostalgie des Vaters, der seinen Sohn erwachsen werden sieht. Giltburg und Petrenko legen Wert auf perfekte Verarbeitung und größtmögliche Klangtransparenz, auf Frische und Spontaneität.
Neben diesen beiden vorzüglichen Interpretationen zeichnet sich die neue Naxos-CD durch die Bearbeitungen zweiter Streichquartette aus, wobei der Walzer als dem 2. Quartett eher unauffällig zwischen den Orchesterwerken steht. Ernsthafter geht es dann nach dem 2. Klavierkonzert zu, wenn die Klavierfassung des 8. Quartetts drankommt, das man ja im Original und in Barshais Fassung für Streichorchester kennt.
Auf dem Klavier kann Giltburg die Musik rhythmisch auf eine andere Weise eindringlich gestalten als ein Quartett oder gar ein Orchester, denn hier sind es nicht mehrere Musiker, die sprechen, sondern nur einer, eigentlich Shostakovich ganz allein. Die Akzentuierungen werden deutlicher, die Aufgewühltheit packender, die Unruhe dramatischer. Wenn dann im zweiten Largo das Hämmern so erklingt als klopfe jemand gegen eine Tür, wird man unweigerlich an das Schreiben erinnert, in dem Shostakovich von seinen nächtlichen Ängsten berichtetete, wenn er angezogen im Bett lag, rauchte und darauf wartete, dass der Geheimdienst an die Tür klopfte, um ihn mitzunehmen. Dieses Largo geht bei Giltburg noch fast mehr unter die Haut als im Original.
Und so wird diese CD, durch die exemplarische Darbietung der beiden Klavierkonzerte sicher schon hinreichend interessant, letztlich durch die Transkription des Opus 110 erst wirklich wichtig. Dieses packende Destillat lässt sie zum absoluten Must werden.