In Köln arbeiten der Dirigent Dmitrij Kitajenko und das Gürzenich-Orchester in diesen Tagen an den Aufnahmen von zwei CD-Programmen für Oehms Classics, parallel zu Konzerten in der Philharmonie. Remy Franck war in Köln und kündigt Großartiges an.
Was ist das doch für ein beglückendes Gefühl, wenn man ein Orchester nicht nur spielen hört, sondern wenn dieses Spiel die Antwort auf die Leitung des Dirigenten ist. Wie oft haben wir in letzter Zeit doch den Eindruck gehabt, dass einige Orchester und Dirigenten quasi mit dem Autopiloten funktionieren. Nicht so Dmitrij Kitajenko!
Unter den gestaltenden, klangformenden Händen dieses Dirigenten wurde Modest Mussorgskys Vorspiel zur Oper ‘Khovanshchina’ in der revidierten Fassung von Dmitri Shostakovich zum Kleinod. Intensiv ließ er die Morgendämmerung und den Sonnenaufgang in eben diesem Vorspiel der Oper zum Hoffnungsschimmer, zur Sehnsucht nach einer gerechteren und friedvolleren Welt werden. Der Saal hielt den Atem an….
Es folgten im Konzert die ‘Lieder und Tänze des Todes’ desselben Komponisten in der Fassung von Edison Denisov, die neben jener von Shostakovich die meist aufgeführte Orchesterversion dieses ursprünglich für Klavier und Stimme geschriebenen Liederzyklus ist. Der Bariton Vladislav Sulimsky war der Solist und faszinierte mit einer sehr differenzierenden Gestaltung, die es ihm erlaubte, in den einzelnen Liedern den Tod abwechslungsreich und mit einer phänomenalen Geschmacksicherheit zu charakterisieren. So etwas gelingt natürlich nur dann so hervorragend, wenn ein Dirigent am Pult steht, der den Sänger nicht aus den Augen lässt und ihm ständig die Sicherheit der ihn tragenden Hände gibt. Kitajenko atmete perfekt mit dem Solisten, und so kam eine kongeniale Interpretation zustande, die Teil einer neuen CD sein wird, auf der dann auch noch Sergej Prokofievs Kantate ‘Alexander Nevsky’ op. 78 zu hören sein wird.
Die russische Mezzosopranistin Agunda Kulaeva und der Tschechische Philharmonische Chor Brno waren im Kölner Konzert die Vokalpfeiler dieser Aufführung, die man nur als beispielhaft bezeichnen kann. Das Werk entstand nach der Musik der Filmpartitur zu dem legendären historischen Film über den russischen Volkshelden des 13. Jahrhunderts, ‘Alexander Nevsky’, von Sergei Eisenstein, der darin 1938 den Abwehrkampf der Russen unter Nevskys Führung gegen das eindringende Ritterheer des Deutschen Ordens und den Sieg in der Schlacht auf dem Peipussee im Jahr 1242 thematisierte, nachdem Russland zuvor unter das Joch der Mongolen geraten war. Zwischen Kriegskälte und Seelenwärme, zwischen Niederlage und Schlachtensieg inszenierte Kitajenko in orchestral transparenter Pracht und mit herausragendem Chorgesang ein packendes Drama, ungeheurer suggestiv und in einer pathosfreien Unerbittlichkeit, damit unmittelbar an die LSO-Aufnahme Rostropovichs mit Dolora Zajick erinnernd.
Die zweite CD, die in Köln aufgenommen wurde, beinhaltet Musik aus Tchaikovskys Ballett ‘Der Nussknacker’ und Stravinskys ‘Der Kuss der Fee’. Pizzicato wird seine Leser zu gegebener Zeit über die Veröffentlichung beider Produktionen informieren.