Eine CD hat, darin verschieden von der Vinyl-Langspielplatte, keine zwei bespielte Seiten. Doch diese hier hat sie dennoch, die zwei Seiten, nicht nur weil die Violinkonzerte von Mendelssohn und Adams so verschieden sind, sondern auch weil die Interpretationen unterschiedlich gut sind.
Der 20-jährige Amerikaner Chad Hoopes spielt das Mendelssohn-Konzert virtuos und gleichzeitig recht pathetisch. Ich hatte mir von diesem Geiger mit dem schlanken, aber kräftig vibrierenden Geigenklang und viel Dynamik keinen so ‘schweren’, sondern einen leichteren, beschwingteren Mendelssohn erwartet. Doch da hätte er vielleicht einen anderen Dirigenten zur Seite haben müssen als Kristjan Järvi, der mit Mendelssohn viel weniger anzufangen weiß als sein Nachbar im Gewandhaus. Vielleicht sollte das MDR-Orchester keinen Mendelssohn mehr spielen, so lange Chailly in der Stadt amtet. Dass das Andante trotz des bemerkenswerten Legato-Spielens des Solisten nicht wirklich fließt, daran ist Järvi schuld. Seele gibt es in diesem zweiten Satz nirgends, weder beim Solisten noch beim Orchester. Beide spielen brav und uninspiriert aneinander vorbei. Das Orchester klingt in den beiden ersten Sätzen total nichtssagend. Im Finale heizt Järvi ein und bringt die Musiker auf Trab, aber mehr als schnelle Routine kommt da auch nicht zustande. Hoopes bleibt auch hier seltsam konditioniert und technisch.
Kommen wir zur zweiten Seite. Hoopes spielt das in seinem eigenen Geburtsjahr entstandene, also 1994 komponierte Violinkonzert von John Adams.
Hier zeigt der junge Geiger Farbe, hier sind sowohl er als auch Järvi besser aufgehoben als bei Mendelssohn. Hoopes beeindruckt durch eine ausgezeichnete Technik – und Adams verlangt ja wirklich viel vom Solisten -. Auch farblich ist sein Spiel faszinierend. Der langsame Satz gerät stimmungsvoll, auch im Orchester, lyrisch und in allen Hinsichten subtil.
Das fulminante Finale spielen Solist und Ensemble mit viel rhythmischer Sicherheit und mitreißendem Impetus. Bravourös!
This CD definitely has two sides, a bad and a good one. The bad one is an uninspired, though virtuosic Mendelssohn concerto, the good one a brilliant account of John Adams’s Violin Concerto, composed in 1994, Chad Hoopes’s year of birth.