Die Undezime der Solovioline eröffnet jeden Satz des Stravinsky-Konzerts und bildet damit eine Klammer. Trotz großer Besetzung des Orchesters ist das Werk kammermusikalisch filigran gearbeitet und durch die häufigen Staccati recht trocken im Klang. Auch die vier Sätze mit Bezugnahmen auf barocke Formen zeugen von einem eigenen Verständnis der Konzertform. Das erste Konzert von Philipp Glass ist dagegen bewusst in konventioneller dreisätziger Form gehalten und lebt auch von leicht erfassbarer musikalischer Sprache, um es dem normalen Zuhörer zugänglich zu machen.
David Nebel ist ein junger Geiger aus der Schweiz, der wie die meisten seiner Kollegen über eine profunde Technik verfügt, um diese Werke sachgerecht darstellen zu können. Fürs Organisieren des orchestralen Klangs hat er sich mit Kristjan Järvi zusammen getan, der in der Familie Järvi der auffallendste ist, wenn es darum geht, die Musik über eine begleitende Performance anzureichern. Für die Aufnahme wurden zwei Orchester engagiert, bei Glass die Symphoniker aus London und für Stravinsky das Baltic Sea Orchester, ein Zusammenschluss aus jüngerer Zeit mit Musikern aus den Ostseeanrainerstaaten, bei dem Kristjan Järvi als künstlerischer Leiter aktiv ist. Solist, Dirigent und beide Orchester liefern technisch einwandfreie, wenn nicht hochwertige Deutungen. Die Interpretationen klingen oberflächlich strahlend und ansprechend. Aber ebenso schnell wie sie ans Ohr gelangen, wird dieses Sinnesorgan auch enttäuscht und vermisst Tiefgang und emotionalen Gehalt der Musik.